Mittwoch, 12. September 2012

Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verhinderung der Ratifikation von ESM-Vertrag und Fiskalpakt überwiegend erfolglos

Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht, 12.09.2012:
Das Bundesverfassungsgericht hat heute sein Urteil über mehrere Anträge 
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verkündet. Die Anträge sind vor 
allem darauf gerichtet, dem Bundespräsidenten bis zur Entscheidung über 
die jeweilige Hauptsache zu untersagen, die am 29. Juni 2012 von 
Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetze auszufertigen und damit 
die Voraussetzung für die Ratifikation der mit ihnen gebilligten 
völkerrechtlichen Verträge - des Vertrages zur Einrichtung des 
Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) und des Vertrages über 
Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und 
Währungsunion (sog. Fiskalvertrag) - zu schaffen. 

Über den Sachverhalt informiert die Pressemitteilung Nr. 47/2012 vom 2. 
Juli 2012. Sie kann auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts 
eingesehen werden. 

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Anträge mit der 
Maßgabe abgelehnt, dass eine Ratifizierung des ESM-Vertrages nur 
zulässig ist, wenn völkerrechtlich sichergestellt wird, dass 
1. durch die in Art. 8 Abs. 5 Satz 1 des ESM-Vertrages (ESMV) geregelte 
Haftungsbeschränkung sämtliche Zahlungsverpflichtungen der 
Bundesrepublik Deutschland aus diesem Vertrag der Höhe nach auf ihren 
Anteil am genehmigten Stammkapital des ESM (190.024.800.000 Euro) 
begrenzt sind und keine Vorschrift dieses Vertrages so ausgelegt werden 
darf, dass für die Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung des 
deutschen Vertreters in den Gremien des ESM höhere 
Zahlungsverpflichtungen begründet werden, 
2. die Regelungen des ESM-Vertrages über die Unverletzlichkeit der 
Unterlagen des ESM (Art. 32 Abs. 5, Art. 35 Abs. 1 ESMV) und die 
berufliche Schweigepflicht aller für den ESM tätigen Personen (Art. 34 
ESMV) einer umfassenden Unterrichtung des Bundestages und des 
Bundesrates nicht entgegenstehen. 

Die Bundesrepublik Deutschland muss zum Ausdruck bringen, dass sie an 
den ESM-Vertrag insgesamt nicht gebunden sein will, falls sich die von 
ihr geltend zu machenden Vorbehalte als unwirksam erweisen sollten. 

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: 

I. Prüfungsumfang/Zulässigkeit der Hauptsache 
1. Der Senat hat seine Prüfung in den vorliegenden Eilverfahren - 
abweichend vom regelmäßigen Prüfungsumfang im Verfahren der 
einstweiligen Anordnung - nicht auf eine reine Folgenabwägung 
beschränkt, sondern die angegriffenen Zustimmungsgesetze zu den 
völkerrechtlichen Verträgen einschließlich der Begleitgesetzgebung 
summarisch daraufhin geprüft, ob die von den Antragstellern 
zulässigerweise geltend gemachten Rechtsverletzungen vorliegen. Eine 
summarische Prüfung der Rechtslage war geboten, weil die Bundesrepublik 
Deutschland mit der Ratifikation der Verträge völkerrechtliche Bindungen 
eingeht, von denen sie sich, sollten im Hauptsacheverfahren 
Verfassungsverstöße festzustellen sein, nicht mehr ohne weiteres lösen 
könnte. Ergäbe eine summarische Prüfung im Eilverfahren, dass die 
behauptete Verletzung des Demokratiegebotes, das Art. 79 Abs. 3 GG als 
Identität der Verfassung festschreibt, mit hoher Wahrscheinlichkeit 
gegeben ist, läge in der Nichtgewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein 
schwerer Nachteil für das gemeine Wohl. Hierzu könnten die 
wirtschaftlichen und politischen Nachteile, die mit einem verzögerten 
Inkrafttreten der angegriffenen Gesetze verbunden sein könnten, nicht in 
Abwägung gebracht werden. 

2. Der Senat hat die Verfahren in der Hauptsache nur insoweit für 
zulässig erachtet, als die Antragsteller unter Berufung auf Art. 38 GG 
eine Verletzung der durch das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2, 
Art. 79 Abs. 3 GG) verfassungsrechtlich verankerten haushaltspolitischen 
Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages geltend machen. 

Soweit die Antragsteller im Verfahren 2 BvR 1421/12 gegen Maßnahmen der 
Europäischen Zentralbank zur Eurorettung, insbesondere den Ankauf von 
Staatsanleihen am Sekundärmarkt, einwenden, diese überschritten den 
Ermächtigungsrahmen der deutschen Zustimmungsgesetze zu den 
Unionsverträgen (sog. „ausbrechende Rechtsakte“), ist ihr entsprechender 
Feststellungsantrag von dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen 
Anordnung nicht mit umfasst und bleibt damit einer Prüfung im 
Hauptsacheverfahren vorbehalten. 

II. Prüfungsmaßstab 
Wie der Senat bereits in der Entscheidung zur Griechenlandhilfe und der 
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität vom 7. September 2011 
festgestellt hat, fordert Art. 38 GG in Verbindung mit dem 
Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG), dass 
die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand als 
grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit im 
Verfassungsstaat in der Hand des Deutschen Bundestages verbleibt. Auch 
in einem System intergouvernementalen Regierens müssen die Abgeordneten 
als gewählte Repräsentanten des Volkes die Kontrolle über fundamentale 
haushaltspolitische Entscheidungen behalten. Insofern ist es dem 
Deutschen Bundestag untersagt, finanzwirksame Mechanismen zu begründen, 
die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne 
erneute konstitutive Zustimmung des Bundestages führen können. Es ist 
dem Bundestag insoweit auch als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte 
völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine 
Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten 
hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren 
Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische 
Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder 
unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden. Auch 
bei der Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten 
Mitteln muss hinreichender parlamentarischer Einfluss gesichert sein. 

Die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages 
wird auch durch die bisherige vertragliche Ausgestaltung der 
Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft, insbesondere durch die 
Bestimmungen des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages 
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), abgesichert. Eine 
demokratisch legitimierte Änderung der unionsrechtlichen 
Stabilitätsvorgaben ist jedoch nicht von vornherein verfassungswidrig. 
Das Grundgesetz gewährleistet nicht den unveränderten Bestand des 
geltenden Rechts, sondern Strukturen und Verfahren, die auch im Rahmen 
einer kontinuierlichen Fortentwicklung der Währungsunion zur Erfüllung 
des Stabilitätsauftrags den demokratischen Prozess offen halten und 
dabei die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Parlaments 
sichern. Die Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers auf eine bestimmte 
Haushalts- und Fiskalpolitik ist dabei nicht von vornherein 
demokratiewidrig und kann auch auf der Basis des Unions- oder 
Völkerrechts erfolgen. 

III. Subsumtion 
Nach diesen Maßstäben erweisen sich die Anträge als überwiegend 
unbegründet. 

1. Das Zustimmungsgesetz zur Einführung von Art. 136 Abs. 3 AEUV 
beeinträchtigt das Demokratiegebot nicht. Der durch Beschluss des 
Europäischen Rates vom 25. März 2011 vorgesehene Art. 136 Abs. 3 AEUV 
ermächtigt zur Einrichtung eines dauerhaften Mechanismus zur 
gegenseitigen Hilfeleistung der Mitgliedstaaten des 
Euro-Währungsgebiets. Damit wird die bisherige Wirtschafts- und 
Währungsunion zwar insofern umgestaltet, als sie sich von dem die 
Währungsunion bislang charakterisierenden Prinzip der Eigenständigkeit 
der nationalen Haushalte löst. Die stabilitätsgerichtete Ausrichtung der 
Währungsunion wird dadurch jedoch nicht aufgegeben, weil die 
wesentlichen Bestandteile der Stabilitätsarchitektur, insbesondere die 
Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die Verpflichtung der 
Mitgliedstaaten zur Haushaltsdisziplin und die Eigenverantwortlichkeit 
der nationalen Haushalte unangetastet bleiben. Die durch Art. 136 Abs. 3 
AEUV unionsrechtlich eröffnete Möglichkeit zur Einrichtung eines 
ständigen Stabilitätsmechanismus führt nicht zu einem Verlust der 
nationalen Haushaltsautonomie, weil der Deutsche Bundestag mit dem hier 
angegriffenen Zustimmungsgesetz noch keine haushaltspolitischen 
Kompetenzen auf Organe der Europäischen Union oder in ihrem Zusammenhang 
errichtete Einrichtungen überträgt. Art. 136 Abs. 3 AEUV setzt selbst 
keinen Stabilisierungsmechanismus ins Werk, sondern eröffnet den 
Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit, einen entsprechenden 
Mechanismus auf völkervertraglicher Grundlage zu installieren. Das 
Ratifikationserfordernis für die Einrichtung des Stabilitätsmechanismus 
setzt eine Mitwirkung der Gesetzgebungsorgane vor dessen Inkrafttreten 
voraus. 

2. Das angegriffene Zustimmungsgesetz zum ESM-Vertrag trägt den 
verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Wahrung der 
haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages im 
Wesentlichen Rechnung. 

a) Es bedarf jedoch im Rahmen des völkerrechtlichen 
Ratifikationsverfahrens der Sicherstellung, dass die Regelungen des 
ESM-Vertrages nur so ausgelegt werden, dass die Haftung der 
Bundesrepublik Deutschland nicht ohne Zustimmung des Bundestages über 
ihren Anteil am genehmigten Stammkapital des ESM hinaus erhöht werden 
kann und die Unterrichtung von Bundestag und Bundesrat nach den 
verfassungsrechtlichen Vorgaben gewährleistet bleibt. 

Zwar dürfte die in Art. 8 Abs. 5 Satz 1 ESMV geregelte ausdrückliche 
Haftungsbeschränkung der ESM-Mitglieder auf ihren jeweiligen Anteil am 
genehmigten Stammkapital die haushaltswirksamen Verpflichtungen der 
Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit den Aktivitäten des ESM 
verbindlich auf 190.024.800.000 Euro begrenzen; diese Obergrenze dürfte 
auch für sämtliche Kapitalabrufe nach Art. 9 ESMV gelten, einschließlich 
der „revidierten erhöhten“ Kapitalabrufe nach Art. 25 Abs. 2 ESMV, die 
bei Zahlungsausfall eines ESM-Mitglieds an die verbliebenen 
leistungsfähigen Mitgliedstaaten ergehen können und diese entsprechend 
höher belasten. Nicht ausgeschlossen ist jedoch auch eine Auslegung des 
ESM-Vertrages dahingehend, dass die ESM-Mitgliedstaaten sich in den 
Fällen eines revidierten erhöhten Kapitalabrufs nicht auf die 
Haftungsobergrenze berufen können, weil Art. 25 Abs. 2 ESMV nach seinem 
Wortlaut keine höhenmäßige Begrenzung enthält und darauf gerichtet ist, 
auch in unerwarteten Notsituationen die Bonität des ESM zu sichern und 
seine Handlungsfähigkeit zu erhalten. Zur Wahrung der 
verfassungsrechtlichen Vorgabe, die haushaltsmäßigen Belastungen klar 
und abschließend festzulegen, muss die Bundesrepublik Deutschland bei 
der Ratifikation des ESM-Vertrages daher für die gebotene Klarstellung 
sorgen und sicherstellen, dass sie an den Vertrag insgesamt nur dann 
gebunden ist, wenn für sie ohne Zustimmung des Bundestages keine über 
die Haftungsobergrenze hinausgehenden Zahlungspflichten begründet werden 
können. 

Eines solchen Vorbehalts im Ratifikationsverfahren bedarf es auch 
hinsichtlich der Regelungen des ESM-Vertrages über die Unverletzlichkeit 
der Unterlagen des ESM (Art. 32 Abs. 5, Art. 35 Abs. 1 ESMV) und die 
berufliche Schweigepflicht der Organmitglieder des ESM und aller für den 
ESM tätigen Personen (Art. 34 ESMV). Es spricht zwar viel dafür, dass 
diese Regelungen vor allem Informationsflüsse an unberechtigte Dritte, 
etwa Beteiligte am Kapitalmarkt, unterbinden wollen, nicht jedoch an die 
Parlamente der Mitgliedstaaten, die die auf dem ESM-Vertrag beruhenden 
Bindungen auch im weiteren Vertragsvollzug gegenüber ihren Bürgern 
verantworten müssen. Da die Bestimmungen jedoch keine ausdrückliche 
Regelung zur Information des ESM gegenüber den nationalen Parlamenten 
enthalten, ist angesichts der unterschiedlichen Verfassungsrechtslage zu 
den Beteiligungs- und Informationsrechten des Parlaments in den 
Mitgliedstaaten auch eine Auslegung denkbar, die einer hinreichenden 
parlamentarischen Kontrolle des ESM durch den Deutschen Bundestag 
entgegenstünde. Eine Ratifikation des ESM-Vertrages ist daher nur 
zulässig, wenn die Bundesrepublik Deutschland eine Vertragsauslegung 
sicherstellt, die gewährleistet, dass Bundestag und Bundesrat bei ihren 
Entscheidungen die für ihre Willensbildung erforderlichen umfassenden 
Informationen erhalten. 

b) Im Übrigen sind die Bestimmungen des ESM-Vertrages bei summarischer 
Prüfung nicht zu beanstanden. 
Die Regelung des Art. 4 Abs. 8 ESMV, wonach sämtliche Stimmrechte eines 
Mitgliedstaates ausgesetzt werden, wenn dieser seinen 
Einzahlungspflichten gegenüber dem ESM nicht vollumfänglich nachkommt, 
ist zwar im Hinblick auf ihre potentiell weitreichenden Folgen unter dem 
Gesichtspunkt der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung nicht 
unproblematisch, da der betroffene Mitgliedstaat für die Dauer seiner 
Säumnis keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungen des ESM besitzt. 
Damit liefe die innerstaatlich vorgesehene Beteiligung des Bundestages 
an den Entscheidungen des deutschen Vertreters in den Organen des ESM 
leer und wäre der Legitimationszusammenhang zwischen Parlament und ESM 
für diesen Zeitraum unterbrochen. Die Regelung verletzt die 
haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages jedoch nicht, 
weil dieser dafür Sorge tragen kann und muss, dass es nicht zu einer 
Aussetzung der deutschen Stimmrechte kommt. Er hat insoweit die 
haushaltsrechtlichen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die deutschen 
Anteile am genehmigten Stammkapital des ESM jederzeit fristgerecht und 
vollständig eingezahlt werden können. 

Des Weiteren kann nicht festgestellt werden, dass die Höhe der mit der 
Beteiligung am ESM übernommenen Gewährleistungen im Gesamtnennwert von 
190.024.800.000 Euro die haushaltswirtschaftliche Belastungsgrenze 
derart überschreitet, dass die Haushaltsautonomie praktisch vollständig 
leerliefe. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des deutschen 
Gesamtengagements für die Stabilisierung der Europäischen 
Währungsgemeinschaft. Dem Gesetzgeber kommt bei der Prüfung, ob der 
Umfang von Zahlungsverpflichtungen und Haftungszusagen zu einer 
Entäußerung der Haushaltsautonomie des Bundestages führt, ein weiter 
Einschätzungsspielraum zu, der auch die Abschätzung des künftigen 
wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland 
umfasst, einschließlich der Berücksichtigung der Folgen alternativer 
Handlungsoptionen. Die Beurteilung des Gesetzgebers, dass mit der 
Zurverfügungstellung der deutschen Anteile am Europäischen 
Stabilitätsmechanismus noch überschaubare Risiken eingegangen würden, 
während ohne die Gewährung von Finanzhilfen durch den ESM nicht 
absehbare, schwerwiegende Konsequenzen für das gesamte Wirtschafts- und 
Sozialsystem drohten, überschreitet seinen Einschätzungsspielraum nicht 
und ist vom Bundesverfassungsgericht daher hinzunehmen. 

Gegen den ESM-Vertrag selbst kann auch nicht eingewandt werden, dass der 
ESM zum Vehikel einer verfassungswidrigen Staatsfinanzierung durch die 
Europäische Zentralbank werden könnte. Da eine Aufnahme von Kapital 
durch den ESM bei der Europäischen Zentralbank allein oder in Verbindung 
mit der Hinterlegung von Staatsanleihen mit dem in Art. 123 AEUV 
verankerten Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung nicht vereinbar wäre, 
kann der Vertrag nur so verstanden werden, dass er derartige 
Anleiheoperationen nicht zulässt. Der Europäische Stabilitätsmechanismus 
unterfällt den in Art. 123 Abs. 1 AEUV genannten Institutionen, an 
welche keine Kredite durch die Europäische Zentralbank vergeben werden 
dürfen. Auch eine Hinterlegung von Staatsanleihen durch den ESM bei der 
Europäischen Zentralbank als Sicherheit für Kredite würde gegen das 
Verbot unmittelbaren Erwerbs von Schuldtiteln öffentlicher Stellen 
verstoßen. Dabei kann offen bleiben, ob hierin eine Übernahme von 
Schuldtiteln direkt vom öffentlichen Emittenten am Primärmarkt läge oder 
nach dem Zwischenerwerb durch den ESM einem Erwerb am Sekundärmarkt 
entspräche. Denn ein Erwerb von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch 
die Europäische Zentralbank, der auf eine von den Kapitalmärkten 
unabhängige Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielte, ist 
als Umgehung des Verbotes monetärer Haushaltsfinanzierung ebenfalls 
untersagt. Inwieweit das vom Rat der Europäischen Zentralbank am 6. 
September 2012 beschlossene Programm über den Ankauf von Staatsanleihen 
finanzschwacher Euro-Staaten diesen rechtlichen Vorgaben entspricht, war 
im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, das 
sich ausschließlich auf die Zustimmungsgesetze zum ESM-Vertrag und zum 
Fiskalpakt sowie die entsprechenden Begleitgesetze bezieht, nicht zu 
entscheiden. 

3. Auch die sich aus dem Zustimmungsgesetz zum ESM-Vertrag und dem 
ESM-Finanzierungsgesetz (ESMFinG) ergebenden Vorschriften über die 
Einbindung des Deutschen Bundestages in die Entscheidungsprozesse des 
ESM genügen im Wesentlichen den Anforderungen an die innerstaatliche 
Absicherung des Demokratieprinzips. Dies gilt sowohl für die 
Ausgestaltung der Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages als auch 
im Hinblick auf seine Informationsrechte und die personelle Legitimation 
der deutschen Vertreter in den Organen des ESM. Diese haben an den 
Sitzungen der Organe des ESM teilzunehmen und die Beschlüsse des 
Deutschen Bundestages umzusetzen. Das ESM-Finanzierungsgesetz setzt 
voraus, dass die deutschen Vertreter an die Beschlüsse des Bundestages 
gebunden und ihm gegenüber rechenschaftspflichtig sind. 

a) Zwar ist fraglich, ob die verfassungsrechtlich gebotene Mitwirkung 
des Bundestages auch hinsichtlich der Ausgabe von Anteilen am 
Stammkapital des ESM über dem Nennwert (Art. 8 Abs. 2 Satz 4 ESMV) 
innerstaatlich hinreichend geregelt ist oder ob es insoweit im Hinblick 
auf die möglichen weitreichenden Wirkungen auf den Bundeshaushalt - 
ebenso wie für die Erhöhung des Stammkapitals des 

ESM - einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Ermächtigung bedarf. Da 
bei verfassungskonformer Auslegung des § 4 Abs. 1 ESMFinG die Zustimmung 
zu einer Anteilsausgabe über dem Nennwert dem Plenum des Bundestages 
vorbehalten ist, bedarf es insoweit jedoch nicht des Erlasses einer 
einstweiligen Anordnung. 

b) Bei der Zuordnung der Beteiligungsrechte zu Plenum, 
Haushaltsausschuss und Sondergremium hat sich der Gesetzgeber an den 
Kriterien orientiert, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil 
vom 28. Februar 2012 (2 BvE 8/11; vgl. Pressemitteilung Nr. 14/2012) 
benannt hat. Es erscheint allerdings nicht ausgeschlossen, dass das 
ESM-Finanzierungsgesetz dem Haushaltsausschuss Befugnisse zuweist, die 
wegen ihrer Tragweite vom Plenum wahrzunehmen sind, etwa Entscheidungen 
über wesentliche Änderungen des Verfahrens und der Bedingungen der 
Kapitalabrufe des ESM. Einer einstweiligen Anordnung bedarf es indes 
insoweit ebenfalls nicht. Denn das Plenum des Deutschen Bundestags kann 
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Zuordnung von 
Beteiligungsrechten an den Haushaltsausschuss jederzeit dadurch 
begegnen, dass es in Ausübung seines Rückholrechts nach § 5 Abs. 5 
ESMFinG die Befugnisse des Haushaltsausschusses an sich zieht. 

4. Das Zustimmungsgesetz zum sog. Fiskalvertrag (SKSV) verletzt nicht 
die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages. 
a) Der Regelungsgehalt des Vertrages, dessen Ziel die Stärkung der 
Wirtschafts- und Währungsunion durch die Förderung der 
Haushaltsdisziplin ist, deckt sich weitgehend mit den bereits 
bestehenden Vorgaben der „Schuldenbremse“ des Grundgesetzes (Art. 109, 
115 und 143d GG) und den haushaltsspezifischen Verpflichtungen aus dem 
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Insbesondere ist 
die Verpflichtung der Vertragsstaaten nach Art. 5 Abs. 1 SKSV, bei 
übermäßigem Haushaltsdefizit ein genehmigungsbedürftiges Haushalts- und 
Wirtschaftspartnerschaftsprogramm vorzulegen, in das bereits 
primärrechtlich geregelte Defizitverfahren (Art. 126 AEUV) eingefügt. 
Ein unmittelbarer „Durchgriff“ der Organe der Europäischen Union auf die 
nationale Haushaltsgesetzgebung ist nicht vorgesehen. 

b) Der Fiskalvertrag räumt den Organen der Europäischen Union auch keine 
Befugnisse ein, die die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des 
Deutschen Bundestages berühren. Soweit von den Vertragsstaaten für Fälle 
erheblicher Abweichungen vom mittelfristigen Ziel der Vorlage eines 
ausgeglichenen Haushalts auf nationaler Ebene ein sog. 
Korrekturmechanismus einzurichten ist und sie sich dabei auf die von der 
Europäischen Kommission vorzuschlagenden Grundsätze zu stützen haben 
(Art. 3 Abs. 2 SKSV), betrifft diese Bestimmung lediglich 
institutionelle, nicht aber konkrete materielle Vorgaben für die 
Gestaltung der Haushalte. Die Regelung stellt vielmehr ausdrücklich 
klar, dass die Vorrechte der nationalen Parlamente gewahrt bleiben 
müssen und schließt damit eine teilweise Übertragung der 
Budgetverantwortung auf die Europäische Kommission von vornherein aus. 
Auch die Zuständigkeiten des Gerichtshofs der Europäischen Union, der 
nach Art. 8 Abs. 1 SKSV mit einer Verletzung der Verpflichtungen aus 
Art. 3 Abs. 2 SKSV befasst werden kann, greifen nicht in die konkrete 
Gestaltungsfreiheit des nationalen Haushaltsgesetzgebers ein. 

c) Schließlich geht die Bundesrepublik Deutschland mit der Ratifikation
des Fiskalvertrages auch keine irreversible Bindung an eine bestimmte 
Haushaltspolitik ein. Der Vertrag sieht zwar kein Austritts- oder 
Kündigungsrecht für die Vertragsstaaten vor. Es ist jedoch 
völkergewohnheitsrechtlich anerkannt, dass der einvernehmliche Austritt 
aus einem Vertrag immer, ein einseitiger Austritt jedenfalls bei einer 
grundlegenden Veränderung der bei Vertragsschluss maßgeblichen Umstände 
möglich ist. 
 
Quelle: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 67/2012 vom 12. September 2012,
Urteil vom 12. September 2012

2 BvR 1390/12
2 BvR 1421/12
2 BvR 1438/12
2 BvR 1439/12
2 BvR 1440/12
2 BvE 6/12

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