Dienstag, 9. Juni 2015

Quo vadis Prokonanleger - Verkauf oder Genossenschaft?

Es bleibt spannend in Sachen PROKON: obwohl feststeht, dass ca. 50 % des angelegten Geldes gerettet ist, steht für die Gläubiger eine wegweisende Entscheidung bevor. Am  02. Juli 2015 gibt es eine Gläubigerversammlung mit einer Abstimmung über die vorgelegten Insolvenzpläne.

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein nimmt dies zum Anlass, um einige unabhängige Informationen zu geben, damit betroffene Verbraucher bei der Abstimmung das eigene Stimmrecht optimal nutzen können:


Prokon hatte sich ursprünglich durch den Verkauf von Genussrechten im Wert von 1,4 Milliarden Euro an rund 75.000 Anleger finanziert.

Genussrechteinhaber sind anders als Besitzer von Aktien nicht an einem Unternehmen beteiligt. Im Falle einer Insolvenz sind ihre Forderungen nur nachrangig, das heißt andere Gläubiger kommen vor ihnen zum Zug. Zu einer Insolvenz kam es im Januar 2014. Prokon wurde unter anderem zahlungsunfähig, da die berechtigten Rückzahlungsansprüche vieler Genussscheininhaber das Unternehmen überforderte.

Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurde die Prokon Unternehmensgruppe umstrukturiert. Ziel war die Schaffung einer nachhaltigen und tragfähigen Unternehmensorganisation. Geschäftsbereiche außerhalb des Kerngeschäftes Windkraft wie die Darlehensvergabe an ein Sägewerk, der Rumänische Waldbesitz und das Prokon Pflanzenölwerk werden veräußert.

Am 02. Juli 2015 muss nun von den Gläubigern über die vorgelegten Insolvenzpläne abgestimmt werden. Vorgelegt wurde vom Insolvenzverwalter ein "Genossenschaftsinsolvenzplan". Für den Fall, dass dieser nicht die mehrheitliche Stimmenzahl der Gläubiger erreicht, gibt es noch einen "Investoren-Insolvenzplan".

Sollte sich die Mehrheit der Gläubiger für diesen Plan entscheiden, so wird Prokon an den Energieversorger EnBW für voraussichtlich 550 Millionen Euro verkauft und die Gläubiger erhalten aus dem Verkaufserlös eine anteilige Rückzahlung ihrer Forderungen. Anspruchsvoller wird es, wenn für die Genossenschaftslösung abgestimmt wird.

Der Genossenschaftsinsolvenzplan eröffnet den Genussrechteinhabern die Möglichkeit, Gesellschafter der Schuldnerin zu werden. Hierfür müssten sie jedoch auf die Barauszahlung verzichten, um die für die Gründung einer Genossenschaft erforderliche Eigenkapitalquote zu erreichen.

Es muss jetzt jeder Genussrechteinhaber anhand der folgenden Vor- und Nachteile für sich selbst und ohne Einflüsse irgendwelcher Interessengruppen eine selbstbestimmte Entscheidung im Rahmen der Abstimmung treffen.

Vorteile bei der Umwandlung in eine Genossenschaft sind:
  • Mögliche zukünftige Gewinne der sanierten PROKON werden für unbestimmte Zeit den am Unternehmen Beteiligten zufließen und ermöglichen so einen Ausgleich der bisherigen Verluste.
  • Jedes Mitglied einer Genossenschaft hat grundsätzlich ein Stimmrecht und kann damit zukünftig Einfluss auf die Genossenschaft ausüben.
  • Eine Genossenschaft ist anders als ein reines Wirtschaftsunternehmen nicht nur auf rein finanzielle Erlöse ausgerichtet und kann auch ideelle Ziele fördern.
  • Die Genossenschaft ist auf unbestimmte Zeit gegründet – sollte die neue PROKON nachhaltigen Erfolg haben, kann der Genossenschaftsanteil an künftige Generationen vererbt werden und ihnen als Einkommensquelle dienen.
Nachteile sind u.a.:
  • Jeder Genosse trägt ein unternehmerisches Risiko, es kann in einem Totalverlust der Beteiligung enden.
  • Ein Bedarf nach schnell verfügbarem Geld kann nicht befriedigt werden, da Genossenschaftsanteile nicht an einem geregelten Markt gehandelt werden und zur Zeit fraglich ist, ob die Genossenschaft Anteile selbst zurücknimmt.
  • Wer seine Genussscheine im Winter 2013 gekündigt hat, weil das angelegte Geld für dringende Ausgaben benötigt wurde, bekommt weiterhin keine Zahlung.
Fazit der Verbraucherzentrale: 

Wer den ursprünglichen Genussschein der PROKON als reine Geldanlage betrachtet hat und von einer planbaren Rückzahlung abhängig ist, sollte nicht für die Genossenschaftslösung abstimmen. Wer ein unternehmerisches Risiko nicht scheut und von der Zukunftsfähigkeit der "neuen" PROKON überzeugt ist, kann für den Genossenschaftsplan stimmen.

Quelle: vz Schleswig-Holstein

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