Samstag, 11. Juli 2015

Arbeitsgericht Hamburg: Kündigung nach Entwendung von 8 halben Brötchen unwirksam

Eine Krankenschwester (beim Arbeitgeber seit 1991 angestellt und ordentlich unkündbar) entnahm während ihrer Schicht aus einem Pausenraum , wo belegte Brötchen im Kühlschrank gelagert wurden, 8 halbe belegte Brötchenhälften und stellte diese in den eigenen Pausenraum. Diese Brötchen waren eigentlich für externe Mitarbeiter (z.B. Rettungssanitäter) bestimmt.

Die von der Krankenschwester entwendeten Brötchen wurden von den eigenen Mitarbeitern verzehrt, eine Hälfte auch von der Krankenschwester selbst. Als die Krankenschwester später zu dem Vorgang angehört wurde, gab sie das Entwenden der Brötchenhälften sofort zu, weil ihr eigenes Essen aus dem Kühlschrank gestohlen worden sei. Der Arbeitgeber kündigte die Krankenschwester fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist.

Die Krankenschwester, bei der es in den knapp 23 Jahren Dienstjahren keine Beanstandungen gab, klagte beim Arbeitsgericht Hamburg gegen die Kündigung.


Die Klage war erfolgreich; das Arbeitsgericht Hamburg stellte zwar klar, dass die Entwendung geringwertiger Sachen - hier acht belegte Brötchenhälften - grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Auch sei eine Abmahnung, bei der es um das Eigentum des Arbeitgebers geht, nicht grundsätzlich nötig.

Allerdings sei in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls eine Prüfung erforderlich, ob durch eine Abmahnung verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Dabei ist zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, ob er bei seiner Vertragspflichtverletzung offen oder heimlich gehandelt hat und wie er - angesprochen auf seine Verfehlung - mit den Vorwürfen umgeht.

In diesem Sinne sei die Kündigung der Krankenschwester, weil sie acht belegte Brötchenhälften, die von ihrer Arbeitgeberin für externe Mitarbeiter bereitgestellt wurden, genommen und mit ihren Kolleginnen während ihrer Schicht gegessen hat, unverhältnismäßig. Zuvor hätte eine Abmahnung als milderes Mittel und zur Objektivierung der negativen Prognose ausgesprochen werden müssen.

Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht möglich.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgericht Hamburg vom 10.07.2015; 27 Ca 87/15

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