Dienstag, 14. Juli 2015

Verschattung eines Grundstücks durch Bäume des Nachbarn

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit der Frage befasst, ob ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn die Beseitigung von Bäumen wegen der von ihnen verursachten Verschattung verlangen kann.

Der Fall: Die Kläger sind seit 1990 Bewohner und seit 1994 Eigentümer eines nach Süden ausgerichteten Reihenbungalows. Ihr 10 mal 10 m großer Garten grenzt an eine öffentliche Grünanlage der beklagten Stadt. Auf dieser benachbarten Grünanlage stehen in einem Abstand von 9 bzw. 10,30 m von der Grenze entfernt zwei ca. 25 m hohe, gesunde Eschen.


Die Kläger wollten die Beseitungung dieser Bäume, weil die ihren Garten vollständig beschatten. Dadurch eigne sich ihr Garten weder zur Erholung noch zur Hege und Plfege der von ihnen angelegten anspruchsvollen Bonsai-Kulturen.

Die Kläger fügten hinzu, dass das Wachstum der Bäume zum Zeitpunkt des Erwerbs ihres Hauses für sie nicht vorhersehbar gewesen sei. Derartig hoch wachsende Laubbäume seien mit einer konzeptionell nach Süden ausgerichteten Bungalow-Siedlung unvereinbar.

Der Fall wanderte durch die Instanzen und landete letztendlich vor dem BGH.

Der entschied, dass es keinen Anspruch auf die Beseitung der Bäume in diesem Fall gibt - das Eigentum der Kläger werde nicht beeinträchtigt: eine Benutzung des Grundstücks in dessen räumlichen Grenzen (hier durch Bäume) sei im Zweifel von dem Eigentumsrecht des Nachbarn gedeckt.

Außerdem zähle der Entzug von Luft und Licht als sogenannte "negative" Einwirkung nicht (nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die bereits das Reichsgericht begründet hat). Dies wurde vom BGH durch dieses Urteil erneut bestätigt.

Allerdings wird das Eigentum des angrenzenden Nachbarn durch den Schattenwurf von Pflanzen und Bäumen im Sinne von § 1004 BGB beeinträchtigt, wenn die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden. Dies ist hier nicht der Fall, weil der nach dem vor Ort maßgeblichen Landesrecht für stark wachsende Bäume vorgeschriebene Abstand von 4 m (§ 41 Abs. 1 Nr. 1a NachbG NRW) gewahrt ist. Der vorgeschriebene Abstand werde hier sogar um mehr als das Doppelte eingehalten.

Der BGH hob hervor, dass öffentliche Grünanlagen zum Zwecke der Luftverbesserung, zur Schaffung von Naherholungsräumen und als Rückzugsort für Tiere gerade auch große Bäume enthalten sollen, für deren Anpflanzung auf vielen privaten Grundstücken kein Raum ist. Die damit einhergehende Verschattung sei Ausdruck der Situationsgebundenheit des klägerischen Grundstücks, das am Rande einer öffentlichen Grünanlage belegen ist.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 116/2015 vom 10. Juli 2015 - V ZR 229/14

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