Montag, 31. August 2015

Lebensbedrohende Lieferunterbrechungen des Krebsmedikaments Alkeran®

Das Medikament Alkeran® (Wirkstoff: Melphalan) wird in Chemotherapien schwer kranker Krebspatienten eingesetzt. Derzeit ist das Medikament in Deutschland kaum noch zu bekommen. Eine erneute Lieferfähigkeit von Melphalan wurde durch den pharmazeutischen Unternehmer erst für Mitte Oktober wieder in Aussicht gestellt.

So muss die Therapie von Patienten derzeit auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Dies ist auch mit dem Risiko eines Fortschreitens der Erkrankung verbunden. Melphalan wird vor allem in der Behandlung von Leukämien und Lymphomen zur Vorbereitung auf Stammzelltransplantationen eingesetzt.


Es ist in dieser Indikation, insbesondere in seinem Haupteinsatzgebiet, der Hochdosistherapie von Patienten mit Multiplem Myelom, nicht durch andere Substanzen zu ersetzen. Laut Arzneiverordnungsreport 2014 wurden letztes Jahr rund 350.000 definierte Tagesdosen (DDD) in Deutschland benötigt.

Zu dem Lieferengpass verfügen Behörden einzelner Länder auch noch, dass die Ware zur Versorgung der eigenen Bevölkerung im Land bleibt, sodass der Mangel an dem Medikament auch über Einzelimport nach § 73.3 Arzneimittelgesetz nicht überbrückt werden kann.

Nun haben Ärzte und Apotheker wirksame Maßnahmen des Gesetzgebers gefordert, um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln sicherzustellen. In der Vergangenheit hatten die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) sowie die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) wiederholt auf die Problematik von Lieferabrissen hingewiesen.

Das Beispiel Melphalan zeigt erneut, dass es ohne weitere rechtliche Regelungen nicht möglich ist, solche Engpässe in der Arzneimittelversorgung zukünftig zu vermeiden. Zwar sieht das Arzneimittelgesetz Maßnahmen vor, um die Versorgung mit Arzneimitteln zu garantieren. Diese reichen jedoch nicht aus.

Notwendig sind klare Vorgaben für eine enge Zusammenarbeit der pharmazeutischen Unternehmen mit den Zulassungsbehörden. Leider wurde bei der letzten Änderung des Arzneimittelgesetzes auch die ursprünglich vorgesehene Eingriffsbefugnis der Landesbehörden zur Durchsetzung des öffentlich-rechtlichen Bereitstellungsauftrags der pharmazeutischen Unternehmer wieder gestrichen.

Problematisch ist außerdem, dass die Preise für bewährte und unverzichtbare Krebsmedikamente wie Melphalan, Carmustin oder Thiotepa, welche teilweise im Rahmen von Kooperationen von den ursprünglichen Originalherstellern auslizenziert wurden, in den letzten Jahren mitunter um ein Vielfaches gestiegen sind.

Gezielte Nachfragen hatten zu Beginn des Lieferengpasses begrenzte Importmöglichkeiten sowohl von Alkeran® als auch einem Melphalan-Generikum aus den USA ergeben. Hier wird jedoch anscheinend aus der Not der Nichtverfügbarkeit finanzieller Profit geschlagen: Statt dem üblichen Preis von 150 € pro 50 mg für die in Deutschland verfügbare Ware sollten nun Preise von 2940 € für einen Alkeran®-Restbestand beziehungsweise 4170 € pro 50 mg für die generische Ware bezahlt werden.

Unter diesem Aspekt ist zum einen an die ethische Verantwortung der pharmazeutischen Industrie zu appellieren, zum anderen sollte angesichts der Gewinne der pharmazeutischen Unternehmer garantiert sein, dass diese Arzneimittel entsprechend ihres Bedarfs kontinuierlich zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie und dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V.

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