Mittwoch, 23. September 2015

Monitor Patientenberatung 2015 bestätigt Probleme im deutschen Gesundheitswesen

Stephanie Jahn, Geschäftsführerin der UPD gGmbH: „Die Hinweise der UPD auf bestimmte Probleme in der Gesundheitsversorgung erhärten sich und zeigen Politik, Krankenkassen und Ärzteschaft erneut Anhaltspunkte für Verbesserungen."

Im Mittelpunkt des "Monitor Patientenberatung 2015" genannten UPD-Berichtes stehen vor allem die Leistungen der Krankenkassen, die Rechte von Patienten sowie Geldforderungen von Kassen und Ärzten. Die Befunde bestätigen weitgehend die Ergebnisse aus den Vorjahren. Ausgewertet hat die UPD dazu über 80.000 Beratungsgespräche zwischen April 2014 und März 2015. Ergänzt werden die quantitativen Ergebnisse im Bericht durch Fallbeispiele und Schilderungen der Berater aus der Praxis.


In mehr als jeder dritten Beratung (rund 29.000) ging es um die Leistungen der Krankenkassen und anderen Kostenträger. "Zentral sind dabei die Fragen: Was bekomme ich von der Kasse und was ist, wenn sie meinen Antrag ablehnt?", sagt UPD-Geschäftsführerin Jahn.

Wichtigster Aspekt ist hier mit großem Abstand das Krankengeld. Oft geht es dabei um die Frage "Wann darf die Kasse aufhören zu zahlen?". Besonders wichtig ist das für Patienten, die krankgeschrieben sind, aber trotzdem kein Krankengeld mehr bekommen sollen. Was viele nicht wissen: Meist sind dafür nicht medizinische Gründe der Auslöser, sondern Ungereimtheiten im Krankheitsverlauf – zum Beispiel, dass Beschwerden kaum oder gar nicht behandelt wurden und dass die Krankheit auffällig lange anhält.

In der Vergangenheit ebenfalls ein Problem beim Krankengeld: Wegen formaler Fehler bei der Krankschreibung kam es immer wieder dazu, dass Lücken in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auftraten und Patienten deshalb ihr Krankengeld verloren. Jahn: "Die UPD hatte in ihren Berichten wiederholt auf dieses folgenschwere Problem hingewiesen. Im Sommer dieses Jahres wurde es durch das Versorgungsstärkungsgesetz behoben."

Im Fokus jeder fünften UPD-Beratung (rund 15.100) stehen die Rechte von Patienten und hier vor allem die Frage "Darf ich meine Krankenakte einsehen?". Jahn: "Nach dem Patientenrechtegesetz steht jedem diese Möglichkeit zu, trotzdem wird sie von Arztpraxen und Krankenhäusern immer wieder ver-wehrt." Betroffene können sich bei der Ärztekammer beschweren oder den Rechtsweg nehmen – davor schrecken die meisten aber zurück. Sehr wichtig sind die Unterlagen zum Beispiel, wenn man glaubt, dass man falsch behandelt wurde oder den Arzt wechselt. Denn in der Akte steht genau, was medizinisch unternommen wurde und was nicht.

Um finanzielle Fragen, nämlich Zuzahlungen und Geldforderungen von Kassen und Ärzten, geht es bei jeder neunten Beratung (rund 9.300). Das Hauptthema hier: Schulden bei der Krankenkasse. Vor allem betroffen sind Selbstständige, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Die Höhe ihres Beitrags wird im Voraus für ein Jahr festgesetzt. Sinkt ihr Einkommen zwischendurch deutlich, geraten sie leicht in finanzielle Probleme. Für eine Beitragsreduzierung müssen sie der Kasse den niedrigeren Verdienst nachweisen. Vorgesehen ist dafür die nächste Steuererklärung – doch bis sie vorliegt, kann es mitunter dauern.

Wenn Konflikte mit Kassen oder Ärzten auftreten, fragen sich viele Patienten, wie sie sich verhalten sollen (rund 6.500 Beratungen). "Das Problem ist: Aus der Sicht von Patienten besteht zu Kassen und Ärzten oft ein Machtgefälle, das viele extrem verunsichert", sagt Jahn. "Sie trauen sich nicht, Fragen zu stellen, geschweige denn bei Meinungsverschiedenheiten ihre Belange zu vertreten – aus Angst, es noch schlimmer zu machen." Der Umgang mit solchen Situationen ist daher ein wichtiges Thema in der sogenannten psychosozialen Beratung der UPD, die oft die Klärung rechtlicher oder medizinischer Fragen ergänzt.

Die UPD wurde 2006 gegründet und berät im Auftrag des Gesetzgebers kostenfrei und neutral zu allen Gesundheitsfragen. Einmal jährlich berichtet sie zudem über die Erkenntnisse ihrer Arbeit an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung. Bis Ende 2015 nimmt diese beiden Aufgaben ein Verbund aus Sozialverband VdK Deutschland, Verbraucherzentrale Bundesverband und Verbund unabhängige Patientenberatung wahr.

Ab 2016 wird die Marke "Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)" von einem anderen Betreiber weitergeführt. Bis dahin erreichen Ratsuchende die UPD vor Ort in 21 regionalen Beratungsstellen des Verbundes. Darüber hinaus gibt es eine Online-Beratung sowie ein kostenfreies bundesweites Beratungstelefon in drei Sprachen und speziell zu Arzneimittelfragen (alle Adressen und Telefonnummern gibt es unter www.patientenberatung.de).

Quelle: UPD

Dazu:
Bundesmisterium für Gesundheit: Ab 2016 modernes Angebot einer unabhängigen und kostenlosen Beratung für Patienten

Es gibt allerdings auch Bedenken über den Wechsel zum neuen Betreiber der UPD. Beispiele in den Medien dazu: spiegel.de, daserste.de, deutschlandfunk.de

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