Analyse des WSI-Tarifarchivs:
In zahlreichen Tarifverträgen gibt es Regelungen zur Übernahme nach
der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung. Überwiegend handelt es sich
um befristete Übernahmeregelungen mit einem Zeitraum zwischen 6 und 24
Monaten, mehrheitlich mit 12 Monaten. Vorschriften für eine unbefristete
Übernahme wurden bislang meist in Firmentarifverträgen vereinbart, aber
kürzlich einigten sich auch die Tarifparteien in der Stahlindustrie auf
eine branchenweite Regelung zur unbefristeten Übernahme. In einigen
Branchen existieren dagegen keinerlei tarifliche Übernahmeregelungen. Zu
diesem Ergebnis
kommt eine aktuelle Analyse von Tarifverträgen in 50
Branchen und 15 Firmentarifverträgen, die das Tarifarchiv des
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der
Hans-Böckler-Stiftung jetzt vorgelegt hat.
In den meisten Fällen ist die Übernahme "grundsätzlich"
vorgesehen bzw. als Sollvorschrift ausgestaltet. Die Betriebe können z.
B. beim Vorliegen verhaltens- oder personenbedingter Gründe oder wegen
akuter Beschäftigungsprobleme von der Übernahme Abstand nehmen.
Eine weitere Variante stellt die Übernahme in ein
Teilzeitarbeitsverhältnis dar. Diese teilzeitige Übernahme ist manchmal
als zweitbeste Lösung vorgesehen, wenn eine vollzeitige Beschäftigung
nicht möglich erscheint. Auch ist die Möglichkeit einer stufenweisen
Aufstockung auf Vollzeit vorgesehen.
"Diese Regelungen zeigen, dass die Tarifparteien das
Instrumentarium der Tarifpolitik durchaus nutzen", sagt Dr. Reinhard
Bispinck, Leiter des WSI-Tarifarchivs, "aber sie schöpfen das vorhandene
Potenzial bei weitem noch nicht aus." Es sei zu wünschen, so der
Tarifexperte, dass die aktuelle Tarifrunde einen Durchbruch zu
weitergehenden Übernahmeregelungen bringe, weil damit auch die
berufliche Perspektive der Ausgebildeten sicherer werde.
Die Tarifparteien haben in verschiedenen Branchen und
Tarifbereichen auch Regelungen zum Erhalt der bestehenden bzw. zur
Schaffung von neuen Ausbildungsplätzen vereinbart. In manchen Fällen ist
dies nach der Analyse des Tarifarchivs nicht mehr als ein Appell oder
ein Aufruf an die Betriebe zu verstärkten Ausbildungsaktivitäten. Es
gibt aber auch Firmen- wie Branchentarifverträge, die mit präzisen
Zahlen vorgeben, wie viele Ausbildungsplätze bereitgestellt werden
müssen. In einzelnen Fällen ist auch geregelt, wie die Einhaltung der
Vorschriften kontrolliert werden soll.
In jüngster Zeit wurden auch Tarifverträge zur Förderung der
Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen abgeschlossen, um die Chancen von
benachteiligten Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt zu erhöhen.
Beispiele dafür gibt es in der chemischen Industrie und in der Metall-
und Elektroindustrie.
Die Auswertung des WSI-Tarifarchivs gibt einen detaillierten
tabellarischen Überblick über die tariflichen Regelungen und
dokumentiert die wichtigsten Bestimmungen im Wortlaut.
Weitere Informationen:
Die gesamte Studie im Wortlauf zum Download (pdf)
Pressemitteilung Hans Böckler Stiftung