Bundesverbraucherministerin Aigner und Bundeswirtschaftsminister Rösler: "Wir wollen die höheren deutschen Schutzstandards für Kinder erhalten"
Die Bundesregierung hat am Montag Klage gegen die Europäische
Kommission eingereicht, um die Beibehaltung der höheren deutschen
Schutzstandards bei der Sicherheit von Kinderspielzeug durchzusetzen.
Hintergrund ist die neue europäische Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG.
Danach dürften Spielzeuge ab Juli teilweise mehr Schadstoffe
enthalten als derzeit in Deutschland zulässig.
Dies will die
Bundesregierung verhindern.
Einen Antrag der Bundesregierung, die
strengeren deutschen Grenzwerte für bestimmte gefährliche Substanzen
beibehalten zu können, hatte die EU-Kommission zuvor in Teilen
abgelehnt. Die Bundesregierung hat deshalb Klage vor dem Gericht der
Europäischen Union (EuG) eingereicht. Im Mittelpunkt der
Auseinandersetzung steht die Belastung von Spielzeug unter anderem mit
Blei, Arsen und Quecksilber. In bestimmten Konzentrationen können diese
Stoffe bei Kindern die Entstehung von Tumoren auslösen und das
Zentralnervensystem schädigen.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und Bundeswirtschaftsminister
Philipp Rösler erklärten in Berlin: "Die Sicherheit von Kindern hat für
die Bundesregierung höchste Priorität. Wir wollen alle Möglichkeiten
ausschöpfen, um höhere nationale Schutzstandards für Kinder zu
erhalten." Bundesministerin Aigner kritisierte, "es wäre absurd, wenn
die neue Richtlinie dazu führen würde, dass Kinder mehr Schadstoffen
ausgesetzt sind als bisher. Dass die EU-Kommission unseren Antrag auf
Beibehaltung der höheren nationalen Schutzstandards in Teilen abgelehnt
hat, lassen wir so nicht stehen. Wenn es um die Sicherheit der Kinder
geht, darf es keine Kompromisse geben."
Bundesminister Rösler erklärte: "Die Gesundheit unserer Kinder ist
das höchste Gut. Schadstoffe im Spielzeug sind oft heimtückisch. Hier
muss es bei unseren strengeren Vorschriften bleiben. Es ist nicht
akzeptabel, wenn diese aufgeweicht werden."
Die Bundesregierung setzt sich bereits seit Jahren intensiv für
sicheres Spielzeug ein und hat in der Diskussion um die
Spielzeugrichtlinie wiederholt auf Verbesserungen gedrängt. Einerseits
bringt die neue Spielzeugrichtlinie zwar viele Verbesserungen zum Schutz
der Kinder. So gelten mit Anwendungsbeginn im Juli 2011 strengere
Anforderungen an die Produktion von Spielzeug sowie schärfere
Kontrollpflichten für Hersteller und Importeure. So darf zum Beispiel
ein Spielzeug nicht mehr fest mit Lebensmitteln verbunden sein, um für
Kinder die Gefahr des versehentlichen Verschluckens zu verringern.
Andererseits aber geht die neue Richtlinie der Bundesregierung in
wesentlichen Punkten nicht weit genug. Dies betrifft vor allem die
chemischen Anforderungen an Spielzeug, die ab Juli 2013 anzuwenden sind.
Daher hatte sie die EU-Spielzeugrichtlinie bei der Abstimmung in
Brüssel abgelehnt und sich mit Nachdruck für weitergehende
Verbesserungen eingesetzt. Erforderlich ist es aus Sicht der
Bundesregierung, die Grenzwerte bestimmter Schwermetalle wie Blei, Arsen
und Quecksilber weiter abzusenken. Das Bundesverbraucherministerium
hatte deshalb beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin
verschiedene Risikobewertungen für Spielzeug in Auftrag gegeben, um in
Brüssel die Notwendigkeit von Verbesserungen der Sicherheit von
Spielzeug zu untermauern.
Am 20.01.2011 hatte die Bundesregierung bei der EU-Kommission einen
Antrag nach Artikel 114 Absatz 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) gestellt, um - abweichend von der neuen
Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug - nationale
Grenzwerte für fünf Elemente (Blei, Barium, Arsen, Quecksilber und
Antimon) sowie für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe beizubehalten.
Der Antrag wurde notwendig, da die EU-Richtlinie Grenzwerte vorschreibt,
die nach Einschätzung nationaler Experten, zum Beispiel des
Bundesinstituts für Risikobewertung, keinen ausreichenden Schutz der
Gesundheit von Kindern gewährleisten können.
Mit Beschluss vom 01.03.2012 hat die Kommission dem Antrag nur in
Teilen stattgegeben: So konnte sich die Bundesregierung mit ihrem Antrag
bei den krebserzeugenden und erbgutschädigenden Nitrosaminen
durchsetzen. Jedoch dürfen die nationalen Grenzwerte für Blei und Barium
in Spielzeug nach Auffassung der EU-Kommission nur noch bis zum
21.07.2013 abweichend in Deutschland Anwendung finden. Die beantragten
abweichenden Grenzwerte für Antimon, Arsen und Quecksilber wurden von
der Kommission nicht gebilligt.
Gegen den Beschluss der Kommission setzt sich die Bundesregierung nun
rechtlich zur Wehr und macht von der Möglichkeit Gebrauch, gegen den
Kommissionsbeschluss mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen
Union (EuG) vorzugehen.
Pressemitteilung Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz / Nr. 134 vom 14.05.12