Wer Einkäufe via Internet tätigt, sollte scharf aufpassen: Viele
Hersteller strafen das mit dem Verlust ihrer Garantie. Die
Verbraucherzentrale NRW entdeckte bekannte Marken-Hersteller, die auf
diese Art Online-Kunden vergrätzen.
Viele kennen ihn nicht, und manche lernen ihn nie: den Unterschied
zwischen Gewährleistung und Garantie. Während bei der Gewährleistung
jeder Händler zwei Jahre per Gesetz verpflichtet ist, für die
fehlerfreie Funktion seiner Neuware einzustehen, kommt die Garantie in
der Regel vom Hersteller und ist eine freiwillige Leistung, gleich ob
sie für ein, zwei oder 20 Jahre gilt.
Wichtig zu wissen: Kommt`s innerhalb der ersten zwei Jahre nach Kauf zum
Defekt, sollten Kunden zuerst den Händler ansprechen - und auf
kostenlose Reparatur, Ersatzgerät oder Preisnachlass drängen.
Keinesfalls sollten sie sich auf die Garantie des Herstellers verweisen
lassen.
Die Garantie des Herstellers kann jedoch bei den Händlern helfen, die
sich bereits sechs Monate nach Erwerb auf die sogenannte Umkehr der
Beweislast berufen. Das ist erlaubt, aber ärgerlich. Oft ist es für den
Kunden schwer zu beweisen, dass der Fehler bereits beim Kauf vorhanden
war. Ebenso segensreich für die Brieftasche können Hersteller-Garantien
wirken, wenn sie länger als zwei Jahre laufen.
Doch was kaum ein Verbraucher ahnt: Wer online shoppt, verliert oft
automatisch den Produzenten-Schutz. Die Verbraucherzentrale NRW
entdeckte viele namhafte Marken-Hersteller, die so ihre Kundschaft
abstrafen: etwa beim Erwerb von Jura-Kaffeeautomaten, bei
Unterhaltungselektronik von Denon und Pioneer, bei Märklin-Eisenbahnen
und Montblanc-Füller.
Geradezu undurchsichtig und bizarr erscheint dabei die Vorgehensweise
aus Kundensicht. Beispiel Jura. Die Tester der Verbraucherzentrale
fanden bei Amazon keinen Hinweis, dass mit jeder Bestellung eines
Jura-Produktes die 25-monatige Garantie futsch ist. Die Begründung
dafür: Jura autorisiere Händler, die eine Möglichkeit offerieren, Waren
vorm Kauf in Augenschein zu nehmen: sei es in einer Filiale oder in
einem Abhollager.
Deshalb auch - so die feine Jura-Logik - dürfen sich Käufer im
Onlineshop von Saturn und Karstadt über die Zusatzleistung freuen. Sie
könnten sich theoretisch ja die offensichtlich erklärungsbedürftigen
Kaffeemaschinen im Geschäft vorführen lassen.
Auf "einen einheitlich hohen Level an Service und Betreuung" pocht auch
Denon. Der Level werde unter anderem garantiert durch "die Vorführung
der Produkte in Präsentations- und Hörräumen". Fragt sich nur, wo die
sich bei Amazon, Technikdirekt und Alternate befinden? Denn diese
Online-Firmen besitzen Autorisierung und damit Garantiezusage des
Herstellers. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Comtech und
Notebooksbilliger.
Auch Sony, immerhin Vollsortimenter bei Unterhaltungselektronik, hat die
Devise: "Beim Sony Deutschland Partner kaufen lohnt sich immer -
besonders im Garantiefall". Wer`s nicht tut, zahlt das mit zwölf Monaten
weniger Schutz.
Über dieses Wirrwarr erfahren Kunden meist nichts, die sich unbedarft
durch die verschiedenen Shops klicken. Die Verbraucherzentrale NRW fand
keinen nichtautorisierten Händler, der darauf hinwies, dass die Garantie
beim Kauf entfällt oder verkürzt ist.
Tricky agiert Amazon. So verweist der Branchenprimus stolz darauf,
"offizieller Sony Partner" mit Garantieplus zu sein. Zu Jura-Produkten
dagegen, wo Autorisierung und Garantiezusage fehlen, verhökert Amazon
sogar "Garantieverlängerungen" zum Kaffeeautomaten.
So schweigsam wie die Internet-Händler geben sich auch die Verbände. Von
fünf Handelsverbänden, bei denen die Verbraucherschützer nachhakten,
antwortete nur einer. Und der - die Hauptgemeinschaft des Deutschen
Einzelhandels (HDE) - sah in der Vorgehensweise schlichtweg "kein
Problem".
Der Tipp der Verbraucherzentrale NRW, um nicht in die Garantie-Falle zu
tappen, lautet deshalb: stets beim Hersteller nachfragen, ob ein
ausgewählter Onlineshop als Premium-Verkäufer geadelt ist. Nachfragen
zahlen sich auf jeden Fall aus bei Produkten von Denon und Pioneer, bei
Bose und Märklin, Tissot und Tag-Heuer (Uhren), bei Jura, Sony und
Montblanc, Benro (Aufnahmetechnik) und McLaren (Babyzubehör).
Dass solche Recherchen unverzichtbar sind, zeigt sich am Beispiel von
Pioneer. Von den fünf billigsten Anbietern, die eine Preissuchmaschine
für ein Autoradio ausspuckte, schnappte bei drei Händlern nach dem
Bezahlen die Falle zu.
Immerhin: Entschärft hat sie mittlerweile die Firma Weber, die rund um
den Grill produziert. Während die Weber-Garantie (zwischen fünf und 25
Jahren) noch vor kurzem auf Käufe bei autorisierten Händlern beschränkt
war, verschwand die Klausel nach einer Anfrage der Verbraucherzentrale
NRW von der Homepage des Unternehmens. Seitdem gibt’s Garantie für alle.
Pressemitteilung Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, vom 21.06.2012