Erste Ergebnisse aus WSI-Befragung
Immer wieder versuchen Unternehmer, die Gründung von Betriebsräten zu
verhindern - oder sie behindern die Arbeit bestehender Gremien. Solche
Aktivitäten gegen die betriebliche Mitbestimmung sind auch im
Verarbeitenden Gewerbe mehr als nur Einzelfälle, zeigen erste Ergebnisse
aus einem laufenden Projekt des Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
Discounter im Einzelhandel haben wiederholt mit Aktionen
gegen Arbeitnehmervertretungen von sich reden gemacht. Doch auch
außerhalb des privaten Dienstleistungssektors beobachten Experten bei
nicht wenigen Unternehmen eine mitbestimmungsfeindliche Einstellung.
Dies zeigen erste Befunde aus einer Befragung in 130 örtlichen Bezirken
der IG Metall, der IG BCE und der NGG. Sie ist nicht repräsentativ, doch
haben die befragten hauptamtlichen Gewerkschafter einen guten Überblick
über die Arbeitsbeziehungen vor Ort. Die WSI-Forscher PD Dr. Martin
Behrens und Dr. Heiner Dribbusch geben damit einen Einblick in ein
Forschungsfeld, für das bislang kaum belastbare Empirie vorliegt.
"Es handelt sich nicht nur um Einzelfälle, doch bislang ist
das Problem überschaubar", fassen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse
zusammen. Mehr als der Hälfte der Befragten sind Fälle bekannt, in denen
Unternehmer versucht haben, die Gründung einer Arbeitnehmervertretung
zu verhindern. Besonders häufig seien Versuche, Kandidaten für die
Betriebsratswahl einzuschüchtern: Laut Befragung wurde in sieben von
zehn Fällen, in denen die Unternehmensleitung eine Betriebsratswahl
verhindern wollte, Druck auf Kandidaten ausgeübt.
In etwa jedem vierten
Fall wurde Wahlbewerbern - beziehungsweise den Mitgliedern des
Wahlvorstands - gekündigt. In knapp 12 Prozent der Fälle versuchte das
Management nach Angaben der Befragten, Kandidaten "herauszukaufen" -
ihnen wurden Vorteile angeboten, wenn sie von ihrer Kandidatur
zurückträten.
Behinderungen und Repressalien gegen bereits existierende
Betriebsräte kommen nach der Befragung seltener vor als Versuche, eine
Neuwahl zu unterbinden. Gleichwohl sind auch sie nicht nur Ausnahmen:
Gut ein Drittel der Gewerkschafter kennt Betriebe, in denen bereits
existierende Betriebsräte vom Management behindert würden. Mitglieder
des Betriebsrats werden gekündigt oder zum Rücktritt gedrängt. Eher
selten ist die Aufspaltung des Unternehmens oder die Verlagerung
respektive Schließung des betreffenden Betriebs zur Verhinderung von
Mitbestimmung.
Behrens und Dribbusch fanden eine mitbestimmungsfeindliche
Orientierung des Managements hauptsächlich in Betrieben mit weniger als
200 Beschäftigten. Zudem sei sie in inhabergeführten Unternehmen weiter
verbreitet. Lassen sich Unternehmer von Anwaltskanzleien unterstützen,
werde mit härteren Bandagen gefochten.
Sind Betriebsräte erst einmal etabliert, entspannt sich
häufig die Haltung des Managements. Jedoch: "Immer dann, wenn
Beschäftigte und ihre Gewerkschaften am Status quo der
Betriebsratslosigkeit rütteln, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zu
Problemen kommt", so die Forscher.
Weitere Informationen:
Martin Behrens, Heiner Dribbusch: Be- und Verhinderung von Betriebsratsarbeit: Erste Ergebnisse einer empirischen Studie
Infografik zum Download in Böckler Impuls 11/2012
Pressemitteilung Hans Böckler Stiftung, vom 21.06.2012