Schwarztee von Lipton soll die Konzentrationsfähigkeit fördern,
Kinderschokolade von Ferrero das Wachstum und der Trinkjoghurt von
Yakult die Immunabwehr stärken. Doch da die wissenschaftlichen Beweise
für Aussagen wie diese fehlen, dürfen die Hersteller sie ab Ende des
Jahres 2012 laut Health-Claims-Verordnung nicht mehr verwenden. Die
Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt die neuen Vorgaben, sieht aber noch
viele verbraucherunfreundliche Lücken und sogar Risiken.
Durch fehlende Höchstmengen droht eine Überdosierung.
In
der Verordnung sind nach wie vor keine Höchstmengen für Vitamine und
Mineralstoffe in Lebensmitteln festgelegt. Das bedeutet, dass
Verbraucher über die vielen angereicherten Lebensmittel eine Überdosis
an einzelnen Mikronährstoffen aufnehmen können. So ist besonders der
Zusatz von Eisen bei Kinderlebensmitteln umstritten und mit Risiken
verbunden. Schon mit einer Portion von 50 Gramm Frühstückscerealien
Nestlé cini Minis und einem 0,25-Liter-Glas Rotbäckchen Klassik Saft
nehmen Kinder zwischen 7 und 9 Jahren das Eineinhalbfache ihrer
empfohlenen Tagesdosis an Eisen auf. Selbst für Erwachsene lehnt das
Bundesinstitut für Risikobewertung seit Jahren den Zusatz von Eisen in
allen Lebensmitteln ab.
Kalorien- und Zuckerbomben können weiterhin mit Gesundheitsnutzen verkauft werden.
Trotz
neuer Health-Claims-Verordnung erfahren Verbraucher nichts über das
Nährwertprofil eines Produkts. „Die Profile sollen eigentlich
verhindern, dass Hersteller Lebensmitteln mit einem hohen Zucker- oder
Fettgehalt durch den Zusatz von Vitaminen oder Ähnlichem ein gesundes
Image verpassen können“, so Karin Riemann-Lorenz, Ernährungsexpertin der
Verbraucherzentrale. „Sie sind seit Jahren überfällig, werden aber von
der Lebensmittelindustrie mit allen Mitteln bekämpft.“ So enthält das
Nesquik Kakaogetränkepulver zwar laut Hersteller ,viel Calcium’, aber
gleichzeitig 76 Prozent Zucker. Die Feel Good-Kaubonbons der Marke Das
Gesunde Plus von dm wiederum sollen helfen, die Verdauung zu regulieren,
enthalten aber pro Bonbon auch einen Würfel Zucker, was 40 Prozent des
Gewichts entspricht.
Hersteller bringen unnötige Produkte zu überhöhten Preisen auf den Markt.
Die
meisten laut EU-Verordnung auch weiterhin zugelassenen
Gesundheitsangaben beziehen sich auf Nährstoffe, mit denen die Menschen
in Deutschland ausreichend versorgt sind. Dazu zählt zum Beispiel
Vitamin C, das vielen Lebensmitteln im Gießkannenprinzip zugesetzt wird.
„Nur weil Produkte mehr Vitamine oder Mineralstoffe, mehr Fettsäuren
oder Ballaststoffe enthalten, werden sie nicht gesünder. Das große
Angebot an frischem Obst und Gemüse, an Milchprodukten und vielem mehr
ist ausreichend, um den Nährstoffbedarf zu decken“, erklärt Riemann.
Darüber hinaus werden die sogenannten Functional Foods – selbst wenn sie
nur geringe Mengen an preiswerten synthetischen Vitaminen enthalten –
in der Regel zu deutlich höheren Preisen angeboten.
Nur 222 von
rund 4.000 gesundheitsbezogenen Werbeaussagen wurden bislang von der
Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als erwiesen
eingestuft und damit zugelassen, immerhin 1.600 hat die EFSA als
wissenschaftlich nicht haltbar abgelehnt.
Was Verbraucher
über Lebensmittel mit Gesundheitsangaben wissen sollten und welche
Fallen im Supermarkt auch trotz der neuen Verordnung noch lauern, hat
die Verbraucherzentrale Hamburg mit zahlreichen Produktbeispielen auf
ihrer Internetseite unter www.vzhh.de zusammengestellt.
Pressemitteilung Verbraucherzentrale Hamburg