Freitag, 12. Juni 2015

Bundesgerichtshof: Urteile zur Schadensersatzpflicht wegen Teilnahme an einer Internet-Tauschbörse

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 11. Juni 2015 in drei Fällen entschieden, dass die Eltern für die Teilnahme ihrer Kinder am illegalen Filesharing zum Schadensersatz verpflichtet sind.

Allerdings ist dies nicht grundsätzlich die Regel. Laut dem "Morpheus-Urteil" des BGH vom 15.11.2012 kann auch davon ausgegangen werden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt.


Auch besteht grundsätzlich  keine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren.

In dem "BearShare" BGH-Urteil vom Januar 2014 wurde zudem entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht: Pressemitteilung BGH vom 08.01.2014

Mit den 3 Urteilen vom 11. Juni 2015 bestätigte der BGH auch, dass eine Lizensgebühr von je 200 € pro illegal angebotenen Musiktitel berechnet werden darf; solange sich die Zahl dieser Titel in einem "überschaubaren Rahmen" bewegt.

Geklagt hatten vier führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Nach den Recherchen eines von ihnen beauftragten Softwareunternehmens wurden am 19. Juni 2007, am 19. August 2007 und am 17. Dezember 2007 über IP-Adressen eine Vielzahl von Musiktiteln zum Herunterladen verfügbar gemacht.

Zu den drei Fällen:

1. Fall:  Ein Vater hatte in Abrede gestellt, dass ihm zum fraglichen Zeitpunkt die IP-Adresse zugewiesen gewesen sei und dass er, seine in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen oder ein Dritter die Musikdateien zum Herunterladen verfügbar gemacht hätten. Er hat behauptet, er habe sich mit seiner Familie zur angeblichen Tatzeit im Urlaub befunden und habe zudem vor Urlaubsantritt den Router und Computer vom Stromnetz getrennt.

Dazu wurde in einer Vorinstanz ein Mitarbeiter des Softwareunternehmens vernommen. Demnach gilt es als erwiesen, dass die Musikdateien von dem Rechner des Beklagten zum Herunterladen angeboten worden sind und ein anderer Täter nicht ernsthaft in Betracht kommt. Dass die Familie zur fraglichen Zeit im Urlaub war, hat das Gericht dem Zeugen nicht geglaubt.

2.Fall: Auch hier hatte ein Beklagter die Richtigkeit der Recherchen des Softwareunternehmens und der Auskunft des Internetproviders bestritten und in Abrede gestellt, dass er oder ein in seinem Haushalt lebender Familienangehöriger die Musikdateien zum Herunterladen angeboten hätten.

Es scheint dem Gericht als erwiesen, dass zum fraglichen Zeitpunkt der Rechner, der im Arbeitszimmer des Beklagten installiert war, eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war. Die bei dem Beklagten angestellte Ehefrau, die den Rechner neben dem Beklagten beruflich nutzte, verfügte nicht über Administratorenrechte zum Aufspielen von Programmen. Dem damals im Haushalt des Beklagten lebenden 17jährigen Sohn war das vor der Nutzung des Computers einzugebende Passwort nicht bekannt.

3. Fall:  Ein Internetanschluss wurde von der Beklagten, ihrem 16jährigen Sohn und ihrer 14jährigen Tochter genutzt. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung räumte die Tochter der Beklagten nach Belehrung über ihre Rechte als Beschuldigte ein, die Musikdateien heruntergeladen zu haben. Die Beklagte wendete sich gegen die Verwertung des polizeilichen Geständnisses ihrer Tochter und behauptete, diese über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Musiktauschbörsen belehrt zu haben.

Allerdings hatte die Tochter laut dem vorangegangenen Urteil vom OLG Köln am  06.12.2013 angegeben, dass sie sich mit ihrer Mutter ihrer Erinnerung nach nie über die Nutzung des Internets und der Teilnahme an Internettauschbörsen gesprochen hätten.

Das BGH bestätigte der Vorinstanz, dass eine Verletzungshandlung der Tochter der Beklagten als erwiesen angesehen sei und von einer Verletzung der Aufsichtspflicht der Beklagten ausgegangen wird.

Quelle mit weiteren Details: Pressemitteilung BGH vom 11.06.2015 /  Nr.  92 / 2015

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