Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 11. Juni 2015 in drei Fällen entschieden, dass die Eltern für die Teilnahme ihrer Kinder am illegalen Filesharing zum Schadensersatz verpflichtet sind.
Allerdings ist dies nicht grundsätzlich die Regel. Laut dem "Morpheus-Urteil"
des BGH vom 15.11.2012 kann auch davon ausgegangen werden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines
Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot
einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben
und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot
zuwiderhandelt.
Auch besteht grundsätzlich keine
Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu
überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den
Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren.
In dem "BearShare" BGH-Urteil vom Januar 2014 wurde zudem entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines
volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine
Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für
illegales Filesharing missbraucht: Pressemitteilung BGH vom 08.01.2014
Mit den 3 Urteilen vom 11. Juni 2015 bestätigte der BGH auch, dass eine Lizensgebühr von je 200 € pro illegal angebotenen Musiktitel berechnet werden darf; solange sich die Zahl dieser Titel in einem "überschaubaren Rahmen" bewegt.
Geklagt hatten vier führende deutsche Tonträgerherstellerinnen.
Nach den Recherchen eines von ihnen beauftragten Softwareunternehmens wurden am 19. Juni 2007, am 19. August 2007 und am 17. Dezember
2007 über IP-Adressen eine Vielzahl von Musiktiteln zum Herunterladen
verfügbar gemacht.
Zu den drei Fällen:
1. Fall: Ein Vater hatte in Abrede gestellt, dass ihm zum fraglichen Zeitpunkt die
IP-Adresse zugewiesen gewesen sei und dass er, seine in seinem Haushalt
lebenden Familienangehörigen oder ein Dritter die Musikdateien zum
Herunterladen verfügbar gemacht hätten. Er hat behauptet, er habe sich
mit seiner Familie zur angeblichen Tatzeit im Urlaub befunden und habe zudem vor
Urlaubsantritt den Router und Computer vom Stromnetz getrennt.
Dazu wurde in einer Vorinstanz ein Mitarbeiter des Softwareunternehmens vernommen. Demnach gilt es als erwiesen, dass die Musikdateien von dem Rechner des Beklagten
zum Herunterladen angeboten worden sind und ein anderer Täter nicht ernsthaft in Betracht kommt. Dass die Familie zur fraglichen Zeit im Urlaub war, hat das Gericht dem Zeugen nicht geglaubt.
2.Fall: Auch hier hatte ein Beklagter die Richtigkeit der Recherchen des Softwareunternehmens und der Auskunft
des Internetproviders bestritten und in Abrede gestellt, dass er oder
ein in seinem Haushalt lebender Familienangehöriger die Musikdateien zum
Herunterladen angeboten hätten.
Es scheint dem Gericht als erwiesen, dass zum fraglichen Zeitpunkt der Rechner, der im Arbeitszimmer des
Beklagten installiert war, eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war.
Die bei dem Beklagten angestellte Ehefrau, die den Rechner neben dem
Beklagten beruflich nutzte, verfügte nicht über Administratorenrechte
zum Aufspielen von Programmen. Dem damals im Haushalt des Beklagten
lebenden 17jährigen Sohn war das vor der Nutzung des Computers
einzugebende Passwort nicht bekannt.
3. Fall: Ein Internetanschluss wurde von der Beklagten, ihrem 16jährigen Sohn und ihrer 14jährigen Tochter genutzt. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung räumte die Tochter der Beklagten nach
Belehrung über ihre Rechte als Beschuldigte ein, die Musikdateien
heruntergeladen zu haben. Die Beklagte wendete sich gegen die Verwertung
des polizeilichen Geständnisses ihrer Tochter und behauptete, diese über
die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Musiktauschbörsen belehrt zu
haben.
Allerdings hatte die Tochter laut dem vorangegangenen Urteil vom OLG Köln am 06.12.2013 angegeben, dass sie sich mit ihrer Mutter ihrer Erinnerung nach nie über die Nutzung des Internets und der Teilnahme an Internettauschbörsen gesprochen hätten.
Das BGH bestätigte der Vorinstanz, dass eine Verletzungshandlung der Tochter der Beklagten als erwiesen
angesehen sei und von einer Verletzung der Aufsichtspflicht der
Beklagten ausgegangen wird.
Quelle mit weiteren Details: Pressemitteilung BGH vom 11.06.2015 / Nr. 92 / 2015
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