Montag, 3. September 2012

Unisex-Tarife: Neue Versicherungspolicen für Mann und Frau gleich teuer

Frauen, die Mann und Kinder im Fall der Fälle abgesichert wissen wollen, wird’s treffen. Aber auch Männer, die für sich eine private Krankenversicherung suchen, müssen damit rechnen: Ab 21. Dezember 2012 kann ein Vertrag für sie erheblich teurer werden. Denn zu diesem Stichtag müssen Versicherer private Policen auf Unisex-Tarife – also mit gleichen Beiträgen für Männer und Frauen – umstellen. Dadurch können auf Frauen beispielsweise für eine neu abgeschlossene Risikolebensversicherung höhere Prämien zwischen 30 und 50 Prozent zukommen. Männer, die in eine private Krankenversicherung wechseln wollen, müssen sich auf einen Zuschlag von bis zu 35 Prozent einstellen.

Denn weil die Versicherer ihre Risiken nun geschlechtsneutral neu kalkulieren, werden die Policenkosten über männliche und weibliche Neukunden zu gleichen Teilen verteilt: In der Versicherungssparte, in der das jeweilige Geschlecht bislang wegen der "guten" Risiken mit geringeren Prämien wegkam, ist nun mit höheren Beiträgen zu rechnen – und umgekehrt. Trotzdem sollte sich niemand zu einem schnellen Abschluss drängen lassen, sondern seinen Bedarf und die Konditionen einer Versicherung bis zum Stichtag sorgfältig prüfen.

  • Gleichheit künftig oberstes Gebot: Versicherer dürfen Männern und Frauen ab 21. Dezember nur noch Verträge mit einheitlichen Preisen – sogenannten Unisex-Tarifen – anbieten. Diesen Gleichheitsgrundsatz hat der Europäische Gerichtshof für alle EU-Mitgliedsstaaten durchgesetzt. Demnach darf niemand mehr wegen seines Geschlechts bei Prämien und Leistungen von Versicherungen benachteiligt werden. Ungleiche Tarife widersprechen der Grundrechtscharta der Europäischen Union.
  • Teurer Risikoschutz für Frauen: Bislang zahlten Frauen nicht nur für Risikolebensversicherungen, sondern teilweise auch für Unfall- und Kfz-Schutz niedrigere Beiträge. Die Autoversicherung war zum Teil billiger, weil Frauen es auf der Straße weniger krachen lassen. Bei der Unfallversicherung gehörten sie bisher meist zur preiswerten Gefahrenstufe A. Aber nun: Egal, ob Mann oder Frau – wer einen handwerklichen Beruf mit starker körperlicher Arbeit ausübt oder wer mit schädlichen oder entzündlichen Stoffen hantiert, wird künftig aufgrund des höheren Unfallrisikos in die Gefahrengruppe B eingruppiert. Das kann für das vermeintlich "schwache" Geschlecht mit bis zu 200 Euro teureren Beiträgen zu Buche schlagen.
  • Höhere Beiträge bei der Altersvorsorge für Männer: Bei privaten Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, bei Rürup-Verträgen und privaten Pflegeversicherungen wurden bislang häufig die Männer mit niedrigeren Beiträgen zur Kasse gebeten. Für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsrente müssen sie nun künftig bis zu 15 Prozent tiefer in die Tasche greifen. Eine private Pflegezusatzversicherung kostet sogar bis zu 40 Prozent mehr.
  • Unisex-Tarife nur für Neuverträge: Die Einführung gleicher Tarife gilt nur für den Abschluss neuer Versicherungen. Bestehende Verträge sind nicht betroffen. Allerdings müssen diejenigen aufpassen, die ihren Vertrag nachträglich verändern wollen. Ist in der bisherigen Police keine automatische Beitragsanhebung (Dynamik) oder Nachversicherungsgarantie vereinbart, können Änderungen im Nachhinein wie Neuabschlüsse behandelt werden. Für den umgewandelten Teil gelten dann künftig auch die Unisex-Tarife. Diese geschieht jedoch nicht klammheimlich, vielmehr muss der Versicherte ausdrücklich zustimmen.
  • Ausnahme bei betrieblicher Altersvorsorge: Die Gleichstellung der Tarife gilt vorerst nur für private, freiwillige und von Beschäftigungsverhältnissen unabhängige Versicherungen und Rentensysteme. Bei der betrieblichen Altersvorsorge bleibt erst einmal alles beim Alten. Es ist aber davon auszugehen, dass auch hier der Zwang zum Unisex-Tarif kommen wird. 
Pressemitteilung Verbraucherzentrale Berlin

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