Dienstag, 28. Oktober 2014

Rauchverbot auch bei Vereinen gültig

In bayerischen Gaststätten gilt seit dem 1. August 2010 ein striktes Rauchverbot. Also gründen manche Gastronomen einen "Raucherclub" bzw. einen Verein, um diese Regelung zu umgehen. Aber so einfach ist das dann doch nicht - wie das Bundesverfassungsgericht klarstellte.

Der konkrete Fall: die Geschäftsführerin einer GmbH ist Gründungsmitglied eines Vereins mit dem Zweck zur Förderung der arabischen und asiatischen Gastronomiekultur. In einer Bar, die an den Verein verpachtet wird, soll diese Kultur verwirklicht werden. Zum Besuch der Bar muss eine Mitgliedschaft vor Ort beantragt werden; Voraussetzung ist ein Mindestalter von 20 Jahren und ein Jahresmitgliedsbeitrag von 1 €. Dafür bekommen die Mitglieder einen Ausweis. Wer den nicht vorzeigen kann, erhält auf Antrag einen neuen Ausweis. Auch alle Beschäftigten der Bar sind Vereinsmitglieder.


Am 7. August 2010  wurde bei einer Kontrolle festgestellt, dass in der Bar Shishas und Zigaretten geraucht wurden. Gegen die Geschäftsführerin wurde ein Bußgeld von 750 Euro verhängt. Ihre dagegen gerichtete Beschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung an. Denn durch das Rauchverbot wird weder die Gründung noch der Fortbestand des Vereins gefährdet. Auch habe ein Verein keine weiteren Grundrechte als die einzelnen Bürger.

Hier die Pressemitteilung vom Bundesverfassungsgericht zu dem Fall: 

Ein gesetzliches Rauchverbot, das auch allgemein öffentlich zugängliche Vereinsveranstaltungen erfasst, verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG).

 Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute (24. September 2014 - d.Red.) veröffentlichtem Beschluss entschieden. Allein die Gründung eines Vereins kann keinen Grundrechtsschutz für eine Tätigkeit vermitteln, den diese individuell nicht genießt. Ein Rauchverbot in Vereinsräumlichkeiten berührt auch die Vereinigungsfreiheit dann nicht, wenn die Räumlichkeiten zwar für den verfolgten Vereinszweck - das gemeinsame Rauchen - genutzt werden sollen, aber tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Sachverhalt und Verfahrensgang:

In Bayern gilt seit dem 1. August 2010 mit dem Gesundheitsschutzgesetz (GSG) ein striktes Rauchverbot. Die Beschwerdeführerin ist Gründungsmitglied des G.-Vereins und Geschäftsführerin einer GmbH, die die G.-Bar in an den Verein verpachteten Räumlichkeiten betreibt. Vereinszweck ist die Förderung der arabischen und asiatischen Gastronomiekultur; er wird durch Besuch der Vereinsräumlichkeiten - das heißt der G.-Bar - und dortiges geselliges Beisammensein verwirklicht. Einlass in die G.-Bar wird nur Mitgliedern des Vereins gewährt. Wer die G.-Bar besuchen möchte, muss Vereinsmitglied werden. Die Mitgliedschaft kann vor Ort beantragt werden; Voraussetzung ist ein Mindestalter von 20 Jahren und ein Jahresmitgliedsbeitrag von 1 €. Jedes Mitglied bekommt einen Ausweis; wer den Ausweis nicht vorzeigen kann, erhält auf Antrag einen neuen Ausweis. Alle Beschäftigten der G.-Bar sind Vereinsmitglieder.

Am 7. August 2010 wurde bei einer Kontrolle festgestellt, dass in der Bar Shishas und Zigaretten geraucht wurden. Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Rauchverbot zu einer Geldbuße in Höhe von 750 €. Bei dem Verein mit ca. 37.000 Mitgliedern handele es sich um einen „Raucherclub“ in Gestalt eines Vereins mit offener Mitgliederstruktur zur Umgehung des Rauchverbots in der Gastronomie. Die Rechtsbeschwerde verwarf das Oberlandesgericht als unbegründet.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Eine Verletzung der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich.

Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen. Der Schutz umfasst die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte sowie das Recht auf Entstehen und Bestehen. Das Grundrecht kann indes einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermitteln als einem individuell verfolgten Interesse.

Die angegriffenen Regelungen und Entscheidungen verbieten weder die Gründung, das Bestehen oder den Fortbestand des Vereins noch stehen sie dem Beitritt oder der Mitgliederwerbung entgegen. Ein Rauchverbot in den Vereinsräumlichkeiten berührt die Betätigungsfreiheit des Vereins und der Vereinsmitglieder nicht, wenn die Räumlichkeiten tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Im Übrigen privilegiert Art. 9 Abs. 1 GG nicht die kollektive gegenüber der individuellen Zweckverfolgung. Das Grundrecht schützt keinen individuell untersagten, nun gemeinsamen Tabakgenuss, dem ein spezifischer Bezug zur korporativen Organisation fehlt.

Quelle: Pressemitteilung vom Bundesverfassungsgericht vom vom 24. Oktober 2014 (Nr. 95/2014)

Hier ist der komplette Beschluss dazu: Bundesverfassungsgericht 1 BvR 3017/11

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