Freitag, 28. November 2014

Versicherungen sollen den Banken Geld leihen

Vorwort: Mit der "Solvency II"-Richtlinie sollen bei der Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen wesentliche Änderungen eintreten. (Derzeit läuft noch "Solvency I" - die Vorbereitungsphase). "Solvency II" soll ab dem 01.01.2016 in Kraft treten.

Diese Änderungen umfassen u.a. die Kapitalanforderungen der Versicherungen. So will man sicherstellen, dass die Unternehmen jederzeit über ausreichend Eigenkapital verfügen. Die Bewertungen müssen marktkonsistent erfolgen.  Marktkonsitent bedeutet eine marktwertnahe Bewertung (aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten). Für die Versicherungskunden ist dies eine positive Änderung, weil dadurch ihre Forderungen und deren Abdeckung im Vordergrund stehen.

Erklärung der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zum Aufbau und Inhalt von Solvency II:

"Solvency II ist das derzeit wichtigste Projekt im Bereich der Versicherungsaufsicht auf EU-Ebene. Die Solvency-II-Richtlinie hat die Hauptziele, den Versichertenschutz zu stärken, einheitliche Wettbewerbsstandards im Versicherungssektor des europäischen Binnenmarktes zu schaffen und damit eine weitgehend einheitliche Aufsichtspraxis in Europa zu gewährleisten. (Richtlinie 2009/138/EG, Erwägungsgrund 3 und Artikel 27)."

Quelle und weitere Details zu "Solvency II": BaFin

Kommen wir nun zum Hauptteil dieser Meldung: nun gibt es einen Gesetzentwurf, durch den es den Versicherungen möglich gemacht werden soll, (entgegen derzeit geltendes, deutsches Recht) dass sie ihr hartes, gebundenes Kernkapital an Banken als Darlehen zur Verfügung stellen können. Dieses harte, gebundene Kernkapital ist u.a.eine (zumindest teilweise im Insolvenzfall) Deckung


für die Forderungen von Versicherungsnehmern. Dieser Gesetzentwurf wird nun von der Bundesregierung überprüft.


Hier ist die Meldung dazu aus dem Deutschen Bundestag:

Versicherungen sollen den Banken Geld leihen 

Finanzen/Unterrichtung - 25.11.2014 

Berlin: (hib/HLE) Versicherungen soll es erlaubt werden, den Banken hartes Kernkapital in Form von Darlehen zur Verfügung zu stellen. Dies fordert der Bundesrat in seiner von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/3252 - PDF 155 KB; d.Red.) vorgelegten Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen (18/2956 - PDF 4,6 MB; d.Red.).

Zur Begründung schreiben die Länder, die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) laufe ins Leere, wenn es den Banken aus Mangel an Eigenkapital nicht möglich sei, mehr Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Die Länder halten es für wünschenswert, dass die Versicherungen durch die Kreditvergabe zu Verbesserungen auf der Einnahmenseite kommen. Die Bundesregierung sichert in ihrer Gegenäußerung zu, den Vorschlag zu prüfen. 

Quelle: Deutscher Bundestag


In dem oben verlinkten Gesetzentwurf (bzw. der Forderung des Bundesrates hier noch einmal: 18/3252 - PDF 155 KB) steht außerdem der Vorschlag, dass man die Kündigungsfrist beim Sonderkündigungsrecht  

von 1 auf 3 Monaten erweitert [1]

und dass die Kunden bei der Beratung für z.B. Versicherungsalternativen von Personen beraten werden dürfen

"(...) die nicht über genügende Kenntnisse in Versicherungsgeschäften, aber beispielsweise über umfassende Kenntnisse im Bereich Accounting oder Kapitalanlage verfügen (...)"[2]

Dazu die entsprechenden Auszüge aus dem Gesetzentwurf bzw. der Forderung des Bundesrates (Absätze zum übersichtlicheren Lesen sowie Hervorhebungen der relevanten Stellen sind von der Redaktion eingefügt worden.)

[1]

"4. Zu Artikel 1 (§ 13 Absatz 7 Satz 3 VAG)

In Artikel 1 sind in § 13 Absatz 7 Satz 3 die Wörter "eines Monats" durch die Wörter "von drei Monaten" zu ersetzen.

Begründung: Grundsätzlich ist die Einführung eines Sonderkündigungsrechts der Versicherungsnehmer für den Fall, dass sich auf Grund einer Übertragung des Versicherungsbestandes auf ein anderes Versicherungsunternehmen die zuständige Finanzaufsichtsbehörde ändert, zu begrüßen.

Die für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts eingeräumte Frist von einem Monat nach Mitteilung der Bestandsübernahme ist allerdings sehr kurz bemessen. Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer müssen vor Ausübung des Kündigungsrechts prüfen, ob und zu welchen Konditionen sie einen gleichwertigen Versicherungsschutz erhalten können, wollen sie nicht unter Umständen ohne Versicherungsschutz dastehen.

Zur Beurteilung, ob von dem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht werden sollte, müssen sie gegebenenfalls einen Beratungstermin bei einer qualifizierten Fachperson auf dem Gebiet des Versicherungsrechts in Anspruch nehmen, für welchen die Wartezeit bereits länger als einen Monat sein kann. Um die Möglichkeit einer fundierten Beratung zu gewährleisten und es Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern zu ermöglichen, eine informierte Entscheidung zu treffen, erscheint eine Verlängerung der Frist zur Ausübung des Kündigungsrechts auf drei Monate als angemessen."

[2]

"6. Zu Artikel 1 (§ 24 Absatz 1 VAG)

Der Bundesrat bittet darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Anforderungen nach § 24 Absatz 1 VAG an die Kenntnisse von Personen, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen, unter Berücksichtigung der Vorgaben, die sich aus der Richtlinie 2009/138/EG ergeben, ausreichend weit gefasst sind.

Begründung: Nach § 24 Absatz 1 Satz 3 und 4 VAG sind "angemessene […] Kenntnisse in Versicherungsgeschäften" Voraussetzung für Personen, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen. Dies dürfte zur Folge haben, dass Versicherungsunternehmen diese Aufgaben praktisch vor allem mit Personen besetzen können, die unmittelbar im Versicherungsgeschäft tätig sind. Insofern wird der Spielraum bei Rekrutierung und Auswahl von Personal stark eingeschränkt.

Geeignet erscheinen demgegenüber auch Personen, die nicht über genügende Kenntnisse in Versicherungsgeschäften, aber beispielsweise über umfassende Kenntnisse im Bereich Accounting oder Kapitalanlage verfügen. Diese könnten im Einzelfall ebenfalls für Versicherungsunternehmen in Frage kommen. Artikel 42 der Richtlinie 2009/138/EG setzt lediglich voraus, dass diese Personen über Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, "um ein solides und vorsichtiges Management zu gewährleisten".

Aus diesem Wortlaut ergibt sich unmittelbar keine Vorgabe für "angemessene Kenntnisse in Versicherungsgeschäften". Auch aus dem delegierten Rechtsakt mit Durchführungsbestimmungen für Solvency II, den die Kommission am 10.10.2014 vorgelegt hat, folgt diese Vorgabe nicht. Dort heißt es in Artikel 273 Absatz 2 lediglich: "Die Beurteilung, ob eine Person fachlich qualifiziert ist, umfasst eine Bewertung ihrer […] Kenntnisse und […] Erfahrung im Versicherungssektor, anderen Finanzsektoren oder anderen Unternehmen, wobei […] die Qualifikationen der Person auf den Gebieten Versicherung, Finanzen, Rechnungslegung, Versicherungsmathematik und Management zu berücksichtigen sind."

Von daher sollte überprüft werden, ob die Vorgabe "angemessene Kenntnisse in Versicherungsgeschäften" ausreichend Spielraum für die Auswahl geeigneten Personals zur sachgerechten Wahrnehmung der Aufgaben bei den Versicherungsunternehmen lässt oder - auch im Lichte der neuen EUVorgaben - weiter gefasst werden sollte."

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