Freitag, 9. Oktober 2015

Lebensversicherungen: droht dem Versicherungsunternehmen Insolvenz, kann die Auszahlung der Leistungen verboten werden

In einem Artikel der "Welt Online" wird die Problematik angesprochen, dass die Bundesregierung angeblich bei künftigen Policen (= Versicherungsverträge) den Garantiezins für die meisten Lebensversicherer abschaffen möchte.

Unter dem Begriff "Garantiezins" (auch "Höchstrechnungszins" genannt) versteht man den Zinssatz auf das eingezahlte Kapital, den die Versicherungen ihren Kunden über die gesamte Laufzeit des Vertrages fest versprechen dürfen. Dieser Garantiezins wird vom Bundesministerium der Finanzen festgelegt.

Gleichzeitig werden die Kunden der Lebensversicherer in dem Artikel beruhigt, dass bei den bereits bestehenden Lebensversicherungen der vertraglich vereinbarte Garantiezins weiterhin gültig ist. Artikel dazu: hier

Dies ist bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage (noch) der Fall (Stand: 09.10.2015). Die Frage, die sich stellt lautet wie folgt: Muss der Gesetzgeber überhaupt entsprechende Regelungen erlassen, um den Garantiezins nicht mehr vorzugeben?

Denn: Sollte es wirtschaftlich weiter bergab gehen und einem Versicherungsunternehmen die Insolvenz droht, dann greift das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) § 89. In dem steht, dass ein betroffenes Versicherungsunternehmen dann sogar ausdrücklich "zum Besten der Versicherten" keine Zahlungen mehr tätigen DARF:


"(...) Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden.(...)"

Quelle und ganzer Paragraph: VAG, § 89

Dies schließt nicht aus, dass die Versicherten trotzdem weiterhin wie vertraglich vereinbart in die betroffene Versicherung einzahlen müssen.

Und im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) lässt sich unter § 163 entnehmen, dass das Versicherungsunternehmen die Prämie* neu festsetzen darf, wenn
  1. sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat,

  2. die nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten, und

  3. ein unabhängiger Treuhänder die Rechnungsgrundlagen und die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 überprüft und bestätigt hat.

*Prämie ist der Versicherungsbeitrag, den der Versicherte an die Versicherung zahlen muss

Dazu sei noch der § 164 im VVG erwähnt; diese Regelung ermächtigt die Versicherungsunternehmen unter bestimmten Umständen, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (und damit auch die Höhe der Versicherungsleistungen) neu festzulegen.

Dann fassen wir mal zusammen: droht dem Versicherungsunternehmen die Insolvenz, muss es die Versicherungsleistungen einstellen. Und unter bestimmten Umständen darf es die Versicherungsbeiträge neu festsetzen und auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ändern.

Nun zurück zu der Frage, ob der Gesetzgeber noch weitere Regelungen bezüglich dem Garantiezins erlassen muss (Meinung der Verfasserin dieses Artikels): Nö. Weil im Notfall eh die hier aufgeführten Gesetze greifen. Warum also unnötig neuen Wind machen und schlafende Kunden wecken?




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