Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft mitteilt, haben Forscher in einem weltweiten Verbund nun 65 weitere Erbgutvarianten identifiziert, die zum Brustkrebsrisiko beitragen.
Dies ist deswegen so wichtig und interessant, weil die Frage, warum manche Familien häufiger von Brustkrebs betroffen sind als andere, bislang nur teilweise durch genetische Risikomarker geklärt werden kann. Und je mehr man solche genetische Risikomarker kennt, desto besser können die Screeningprogramme zur Früherkennung von Brustkrebs weiterentwickelt werden.
Hier ist die Pressemitteilung vom Deutschen Krebsforschungszentrum zur Entdeckung der 65 neuen genetischen Risikomarker mit weiteren Infos:
Seit Angelina Jolies medienwirksamer Entscheidung, sich vorbeugend
die Brüste entfernen zu lassen, ist der genetische Hintergrund von
Brustkrebs auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Mutationen in den
„Brustkrebsgenen" BRCA1 und BRCA2, wie sie bei der prominenten
Schauspielerin gefunden wurden, steigern das Erkrankungsrisiko
dramatisch*. Doch sie sind sehr selten und insgesamt nur für einen
kleinen Teil der Brustkrebsfälle verantwortlich.
„Darüber hinaus gibt es jedoch eine Vielzahl von Genvarianten,
die jede für sich nur einen sehr geringen Zusammenhang mit der
Erkrankungswahrscheinlichkeit zeigt. In ihrer Gesamtheit können sie aber
zur Beurteilung des Brustkrebsrisikos und damit auch zu einer
gezielteren Vorsorge beitragen", sagt Hermann Brenner vom Deutschen
Krebsforschungszentrum. Der Epidemiologe gehört zu den Autoren der nun
veröffentlichten weltweit größten Studie zu den genetischen Ursachen von
Brustkrebs. Bei dem von Wissenschaftlern aus Cambridge und Harvard
koordinierten Vorhaben konnten 65 weitere genetische Risikomarker
aufgespürt werden.
Das familiäre Risiko von Frauen, deren direkte Angehörige an
Brustkrebs erkrankt sind, ist etwa doppelt so hoch wie das der
Allgemeinbevölkerung. Die 65 neu entdeckten Risikomarker sind für etwa
vier Prozent dieses familiären Risikos verantwortlich. Zusammen mit den
bereits bekannten rund 100 genetischen Risikomarkern lassen sich nun
geschätzte 18 Prozent erklären.
„Um das individuelle Brustkrebsrisiko jeder Frau in Zukunft genauer
als bisher einschätzen zu können, wollen wir diese genetischen Marker in
Modellrechnungen berücksichtigen – zusammen mit anderen bekannten
Risikofaktoren", sagt Jenny Chang-Claude vom DKFZ, die ebenfalls an der
Studie beteiligt ist. „Schon anhand der heute bekannten genetischen
Risikomarker lassen sich beispielsweise Frauen mit einem ungünstigen
Risikoprofil identifizieren, deren Erkrankungsrisiko dreieinhalb Mal
höher ist als das der Allgemeinbevölkerung. Unser Ziel ist, auf der
Basis solcher Risikoprofile Brustkrebs-Screeningprogramme und
Präventionsmaßnahmen individuell anzupassen."
Es war eine Studie der Superlative: Insgesamt wurden Erbgut-Analysen
von 256.000 Frauen einbezogen, etwa die Hälfte davon war an Brustkrebs
erkrankt. Rund 90 Prozent der Teilnehmerinnen stammten aus Europa, USA
und Australien, etwa zehn Prozent aus Südostasien.
Die Forscher prüften für 11,8 Millionen winziger Erbgutvarianten
einen Zusammenhang mit dem Brustkrebsrisiko. Diese Varianten, die sich
nur in einem einzigen DNA-Baustein voneinander unterscheiden, werden als
SNPs („single nucleotide polymorphisms") bezeichnet. Anhand der
Verteilung verdächtiger SNPs konnten die Forscher 65 Erbgutregionen
definieren, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Brustkrebsrisiko
beitragen.
Studien solcher Größenordnungen sind notwendig, um statistisch
gesicherte Aussagen zu den einzelnen SNPs machen zu können. Das
Hauptaugenmerk bisheriger Analysen lag auf Genvarianten, die mit einer
bestimmten Mindesthäufigkeit in der Bevölkerung vorkommen, zugleich aber
nur schwache Zusammenhänge mit dem Brustkrebsrisiko zeigen. In
zukünftigen Studien wollen die Forscher vermehrt Genvarianten
untersuchen, die zwar seltener auftreten, dafür aber mit einem höheren
Erkrankungsrisiko einhergehen. Auch dafür werden sehr hohe
Teilnehmerzahlen benötigt, die nur in großen internationalen Verbünden
erreicht werden können.
Der überwiegende Teil der 65 jetzt neu entdeckten genetischen
Risikomarker liegt nicht in Bereichen des Erbguts, die für Proteine
kodieren, sondern in so genannten regulatorischen Elementen: Damit
bezeichnen Wissenschaftler Genomabschnitte, die teilweise weit entfernt
liegende Gene beeinflussen. Durch Computersimulationen fanden die
Forscher heraus, dass ein großer Teil dieser regulatorischen Elemente
zelluläre Prozesse steuert, die bereits aus der Brustkrebsentstehung
bekannt sind.
*Nach Schätzungen erkranken in Deutschland etwa 65–75 % der
BRCA1-Mutationsträgerinnen und 45–65 % der BRCA2-Mutationsträgerinnen
bis zu ihrem 70. Lebensjahr an Brustkrebs.
Kyriaki Michailidou et al: Association analysis identifies 65 new breast cancer risk loci. Nature 2017, DOI: 10.1038/nature24284
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
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