„Sinnvolle Erleichterungen für den transatlantischen Handel dürfen nicht auf Kosten der europäischen und amerikanischen Verbraucher gehen“, sagt Helga Springeneer, Leiterin Verbraucherpolitik im vzbv. Zudem dürfe nicht weiter hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Wesentliche Dokumente müssten veröffentlicht und ein Beratergremium mit Repräsentanten der Zivilgesellschaft eingesetzt werden.
Die Verhandlungen bergen aus Sicht des vzbv das Risiko, dass das Niveau des Verbraucherschutzes abgesenkt wird. Im Mittelpunkt stehen nicht Warenzölle als Handelshemmnis, sondern Schutz- und Kennzeichnungsregeln sowie Sicherheits- und Zulassungsstandards. Damit
stehe das Herzstück des Verbraucherschutzes zur Disposition.
Das Risiko der „gegenseitigen Anerkennung“
Derzeit ist davon auszugehen, dass sich das Abkommen unter
anderem mit Bestimmungen zu Lebensmitteln, Chemikalien, Pharmazeutika,
Medizinprodukten, Nanotechnik, zum Datenverkehr, Finanzmarkt, E-Commerce
und geistigen Eigentum befassen wird. In diesen Bereichen gibt es
unterschiedliche Anschauungen und Regelungen, die den Handel
einschränken oder verteuern können. Um solche Handelshemmnisse zu
beseitigen, verständigt man sich in Abkommen häufig auf die
„gegenseitige Anerkennung“.Damit wären zum Beispiel alle US-amerikanischen Produkte und Dienste im europäischen Binnenmarkt gestattet, solange sie den US-Vorgaben entsprechen. „Das Anerkennungsprinzip klingt im ersten Moment einleuchtend, unbürokratisch und kostensparend, es belastet aber Verbraucher und Produzenten“, sagt Helga Springeneer. Verbraucher könnten sich zum Beispiel bei Lebensmitteln nicht auf einheitliche Hygiene- und Sicherheitsstandards verlassen. Produzenten, für die strenge heimische Regeln gelten, könnten Wettbewerbsnachteile erleiden.
Die mögliche Folge: Strengere nationale Regeln werden
zugunsten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit aufgeweicht. Das wäre
ein herber Rückschlag beispielsweise für solche Erzeuger, die auf eine
regionale und ressourcenschonende Wertschöpfungskette setzen. Ein
Freihandelsabkommen, das bei Verbraucherschutzregeln auf die
gegenseitige Anerkennung setzt, würde diese einschränken, statt ihnen
Raum für ihre Fortentwicklung zu geben. Der vzbv fordert deshalb
zusammen mit dem Dachverband der europäischen Verbraucherorganisationen
BEUC und dem Ausschuss von europäischen und US-amerikanischen
Verbraucherorganisationen TACD (Trans Atlantic Consumer Dialogue), dass
die jeweils höheren Verbraucherschutzstandards Maßstab für das
Freihandelsabkommen werden
Kein ACTA II
Die Regelungen zum Verbraucher-, Umwelt- oder Klimaschutz
sind nicht bloße Handelsregeln, sondern Eckpfeiler einer modernen,
nachhaltigen und zukunftsgerichteten Gesellschaft. Der vzbv spricht sich
deshalb dafür aus, dass nicht nur Industrievertreter über ein
Beratergremium in die Verhandlungen involviert werden, wie dies auf
amerikanischer Seite der Fall ist. Schon einmal ist in jüngster Zeit ein
Handelsabkommen an der intransparenten Verhandlungsführung gescheitert:
ACTA, das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen. „ACTA ist ein
Lehrstück dafür, dass Verhandlungen, die zentrale zivilgesellschaftliche
Anliegen betreffen, nicht mehr unter vollständigem Ausschluss der
Öffentlichkeit verhandelt werden können. Für das
EU-USA-Freihandelsabkommen brauchen wir eine demokratische Kultur“, sagt
Springeneer.
Weitere Informationen (Links zum Anklicken):
- Fragen und Antworten zum EU-USA-Freihandelsabkommen
- Resolution des TACD zu TTIP | Lebensmittel
- Resolution des TACD zu TTIP | Finanzmarkt
- Resolution des TACD zu TTIP | Investorenschutz und Klagerechte