Mittwoch, 24. Dezember 2014

Delisting: auf einmal sind die Aktien weg

Früher, als es noch feste Spielregeln für ALLE Beteiligten gab, war der Besitz von Aktien einigermaßen gesichert. Als sich damals Aktienunternehmen aus der Börse zurückziehen wollten ("Delisting" genannt) oder auch die Börsenaufsicht einen solchen Rückzug  angewiesen hat*,  gab es noch folgende Regeln:
  1. Ein von Seiten des Unternehmens geplantes Delisting musste auf der Hauptversammlung von einer Mehrheit der Aktionäre beschlossen werden.
  2. Die Aktiengesellschaft musste allen Aktionären ein faires Kaufangebot für ihre Aktien unterbreiten.
Dies hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zunächst u.A. im November 2002 im so genannten  "Macrotron-Urteil" entschieden ( http://openjur.de/u/66059.html)

Vor einem Jahr entschied der BGH jedoch, dass die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung  zum Vorstandsbeschluss für ein Delisting ausreicht (Az. II ZB 26/12 ).

Und selbst da ist der Aktienbesitzer nun in der Holschuld: er darf seitdem selbst regelmäßig bei den Unternehmen, von denen er Aktien hat, nachschauen, ob eine entsprechende Ad-hoc-Meldung veröffentlicht ist.  Denn viele Depotbanken senden in der Regel keinen Warnbrief. Und auch ein Kaufangebot muss nicht mehr unterbreitet werden. Oft fällt Aktionären das Delisting


 ihrer Aktien erst beim Blick in den Depotauszug auf. Dort geben viele Banken den Wert mangels Aktienkurs dann mit Null an.

Wissenswert gerade auch für Kleinanleger ist daher, dass delistete Aktien weiterhin handelbar bleiben können -  z.B. über die außerbörsliche Plattform Valora Effekten Handel  ( Wiki dazu: VEH ) Diese Kurse werden aktuell nicht in die Systeme der Banken eingestellt.

Denn oft werden solche Wertpapiere dann einfach ausgebucht, weil - wie schon erwähnt - ihr Wert in den Depots mit Null angegeben wird.

Dazu kommt es z.B. dann, wenn der Aktienbesitzer eine der gängigen ominösen Kaufangebote für solche Papiere erhält. Fragt der Besitzer im Zweifel dann seinen Berater, schaut der in seinem System nach - und findet keine Kurse. Will der Aktienbesitzer die entsprechenden Aktien dann verkaufen, läuft er eventuell durch Unwissenheit bezüglich der Alternativen in Gefahr, sich auf ein ungünstiges Kaufangebot einzulassen.

Ein Lichtblick kommt derzeit von der Börse Düsseldorf; sie hat ihre Börsenordnung konkretisiert und wird an ihren strengen Voraussetzungen für das Delisting von Aktiengesellschaften festhalten. Bei ihr bleibt es dabei:
  • Die Unternehmen müssen einen Hauptversammlungsbeschluss zum Delisting haben und dass
  • den Aktionären ein den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes genügendes Kaufangebot vorgelegt wird.
Denn den Börsen steht es frei ihre Börsenordnung selbst festzulegen.

*Ein Rückzug aus der Börse kann (neben dem Entschluss durch das Aktienunternehmen selbst) auch von der jeweiligen Börsenaufsichts- und/oder der Finanzdienstleistungsbehörde veranlasst werden. Nämlich dann, wenn ein ordnungsgemäßer Handel in dem Wertpapier nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies kann z.B. nach einem Squeeze-out veanlasst werden, bei dem die Minderheitsaktionäre ausgeschlossen werden.

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