Montag, 3. März 2014

Oberlandesgericht Hamm: 6.000 Euro Schmerzensgeld für Zahnbehandlung ohne wirksame Einwilligung der Patientin


Ein Zahnarzt hatte es versäumt, seine Patientin über eine alternative, medizinisch ebenfalls in Frage kommende Behandlungsmöglichkeit aufzuklären. In diesem Fall bekam die Patientin eine verblockte Brücke; möglich wäre aber auch die Einzelverkronung gewesen. Die Patientin hatte daher keine echte Wahlmöglichkeit. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Zahnarzt zu einem Schmerzensgeld von 6.000 €. Hier die Presseerklärung des OLG Hamm mit weiteren Details des Falles:

Ein Zahnarzt hat einen Patienten über eine prothetische Versorgung mittels Einzelkronen oder einer Verblockung vollständig aufzuklären, wenn beide Behandlungsmethoden medizinisch gleichermaßen indiziert und üblich sind und wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen, so dass der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat. Das hat der 26. Zivilsenat
des Oberlandesgerichts Hamm am 17.12.2013 entschieden und insoweit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum bestätigt.

Im Jahre 2007 empfahl der Beklagte, ein in Bochum niedergelassener Zahnarzt, der im Jahre 1942 geborenen Klägerin eine prothetische Neuversorgung und gliederte sodann neue Brücken und Veneers im Unter- und im Oberkiefer ein. Im Jahre 2009 beendete die Klägerin die Zahnbehandlung durch den Beklagten und verlangte Schadensersatz. Unter Hinweis auf Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme und überempfindliche Zähne hat sie gemeint, die neue Versorgung weise ungenügende Zahnkontakte zwischen Ober- und Unterkiefer auf, es hätten Einzelkronen und keine verblockten Brücken geplant werden müssen, über die mögliche Versorgung mit Einzelkronen sei sie zudem nicht aufgeklärt worden.

Nach der Anhörung eines zahnmedizinischen Sachverständigen hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm das der Klägerin bereits vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 Euro bestätigt.

Zwar lasse sich kein Behandlungsfehler feststellen, weil nicht auszuschließen sei, dass die mit der Versorgung des Beklagten geschaffene Bisssituation zunächst fachgerecht gewesen sei und sich erst nachträglich verändert habe.

Der Beklagte schulde aber ein Schmerzensgeld, weil seine Behandlung mangels wirksamer Einwilligung der Klägerin rechtswidrig gewesen sei. Er habe es versäumt, die Klägerin über die für den Oberkiefer bestehende alternative Behandlungsmöglichkeit einer Versorgung mit Einzelkronen aufzuklären. Diese sei medizinisch gleichermaßen indiziert und üblich gewesen und habe gegenüber der ausgeführte Verblockung wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufgewiesen, so dass die Klägerin eine echte Wahlmöglichkeit gehabt habe. Einzelkronen hätten Vorteile gegenüber einer Verblockung, weil sie ästhetisch ansprechender und besser zu reinigen seien.

In Bezug auf die Zahnbehandlung des Oberkiefers habe der Beklagte die Klägerin über die Behandlungsalternativen vollständig aufklären und ihr die Entscheidung über überlassen müssen. Dass er seiner Aufklärungspflicht genügt habe, habe der Beklagte nicht bewiesen.


Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.12.2013 (26 U 54/13)

Quelle: Presseerklärung vom Justizportal Nordrhein-Westfalen


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