Pressemitteilung Bundesgerichtshof / Nr. 123/2012 vom 26.07.2012 :
Überraschende Entgeltklausel für Eintrag in ein Internet - Branchenverzeichnis unwirksam
Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zu
der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für
einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem
Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb
nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB*).
Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im
Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden
ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…"
bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für
Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem
fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift:
"Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es
folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.
Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer
umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum
Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen,
Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG
(Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen
Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: "…Vertragslaufzeit
zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr…."
Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm
unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die
Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür
773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete
Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin
zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein
Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen
unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der
drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das
Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des
Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB
nicht Vertragsbestandteil.
Im vorliegenden Fall machte bereits die
Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" nicht
hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines
entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des
gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und
Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der
rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber
drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den
durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten
war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen
worden.
*§ 305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild
des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des
Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht
Vertragsbestandteil.
(2) ….
Urteil vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11
AG Recklinghausen - Urteil vom 24. Mai 2011 - 13 C 91/11
LG Bochum - Urteil vom 15. November 2011 - 11 S 100/11
Karlsruhe, den 26. Juli 2012