Dienstag, 19. Juni 2012

Verschleierungstaktik im Supermarkt

Auch wenn die Flut der Sonderangebote auf Handzetteln oder Anzeigen einen anderen Eindruck vermittelt, die Preise im Einzelhandel steigen stetig. Nicht immer sind die Preiserhöhungen für Verbraucher auf Anhieb erkennbar, denn die Hersteller bedienen sich zahlreicher Tricks, um sie zu verschleiern. Die Verbraucherzentrale Hamburg deckt auf, welche Mogeleien in der Branche besonders beliebt sind.

Nr. 1: Das Schrumpfprinzip
Bei scheinbar gleicher Packungsgröße und identischem Preis schrumpft der Inhalt eines Produkts. So reduzierte der Konzern Procter & Gamble die Anzahl der Pampers Windeln in der Kategorie 4 in den letzten 6 Jahren von 47 über 44 und 40 auf heute 37 Stück pro Packung.

Nr. 2: Der Mehr-drin-Trick
Eine größere Füllmenge suggeriert zunächst ein „Schnäppchen“, wird aber
überproportional teuer verkauft. Das Spülmittel Ultra Palmolive von Colgate-Palmolive gibt es in 600-Milliliter-Packungen statt vormals 500-Milliliter-Flaschen. Der Preis erhöhte sich von 0,85 Euro auf 1,65 Euro, was einem Anstieg von 62 Prozent entspricht.

Nr. 3: Das Pseudo-Günstigerprinzip
Der Preis eines Produkts wird mit der Verringerung der Füllmenge gesenkt, doch der Preisnachlass entspricht nicht der Reduzierung des Inhalts. Die Menge der Rewe Kuchenglasur Bourbon-Vanille schrumpfte von 200 auf 150 Gramm, doch der Preis sank lediglich von 1,25 Euro auf 1,09 Euro, was einem Preisaufschlag von 16 Prozent gleichkommt.

Nr. 4: Der Händlertrick
Ein- und dasselbe Produkt geht bei verschiedenen Einzelhändlern in Packungen mit abweichenden Füllmengen in den Verkauf – allerdings zum gleichen Preis. So kosten Haribo Goldbären in 200- und 300-Gramm-Tüten je 0,89 Euro; der Preisunterschied liegt bei 50 Prozent.

Nr. 5: Der Sammelpacktrick
Mehrfach- oder Sammelpackungen werden genutzt, um Produkte scheinbar besonders preisgünstig, jedoch im kleineren Format anzubieten. Der Schokoriegel Twix von Mars beispielsweise ist im 5er-Pack 50 Gramm schwer, wiegt einzeln abgepackt aber 58 Gramm.

Nr. 6: Der Portionstrick
Produkte in praktisch vorportionierten Beuteln haben insgesamt eine geringere Füllmenge, aber oft den gleichen Preis wie das Ausgangsprodukt. So bietet Aldi Nord seinen Typ Cappuccino classico Pulver  nicht mehr in einer Dose, sondern in einer Pappschachtel mit Einzelportionen an und erhöhte auf diese Weise den Preis für das Produkt um 31,4 Prozent.

Nr. 7: Der Mengentrick
Die Stückzahl ersetzt die besser vergleichbare Angabe der Füllmenge auf der Vorderseite einer Verpackung. Auf diese Weise verkauft Bel Deutschland seinen Leerdammer Käse nach wie vor in Abpackungen von 14 Scheiben mit scheinbar gleicher Menge. Heute bekommt man jedoch nur 280 Gramm Käse für 3,79 Euro; früher waren es 350 Gramm.

Nr. 8: Der Qualitätstrick
Durch einen geringeren Anteil an wertgebenden Bestandteilen verschlechtert sich die Qualität eines Produkts, die Hersteller sparen Kosten und erhöhen bei gleichem Preis ihre Marge. Für sein Schlemmer-Filet à la Bordelaise reduzierte Iglo den Fischanteil von 70 auf 52 Prozent  und erhöhte damit den Preis um 34,6 Prozent.

Nr. 9: Der Quantitätstrick
Veränderte Dosiervorgaben führen dazu, dass größere Mengen eines Produkts benötigt werden. Der Hersteller Henkel vergrößerte für sein Geschirrspülmittel Pril Kraft-Gel die Ausgusstülle und setzte die Dosierempfehlung von 2 auf 3 Milliliter pro fünf Liter Wasser herauf.

Nr. 10: Das Alles-neu-Prinzip
Die Wiedereinführung eines Produkts in einer neuen Verpackung wird genutzt, um die Füllmenge zu reduzieren und den Preis zu erhöhen. Nestlé bietet seine Beba Säuglingsnahrung 1 nicht mehr im Pappkarton, sondern in einer Metalldose an und nutzte den Relaunch für eine Preiserhöhung von knapp 30 Prozent.

Seit 2009 dürfen praktisch alle Lebensmittel in allen möglichen Größen verkauft werden. Doch die von der Industrie versprochenen Angebote für Senioren, Singles und Großfamilien sucht man vergebens. Vielmehr nutzen die Hersteller die neuen Packungsgrößen, um ihre Gewinne zu steigern. Eine aktuell veröffentlichte Studie des DIN-Verbraucherrats stützt die Erkenntnisse der Hamburger Verbraucherschützer.

„Unsere Erfahrung zeigt, dass die Industrie die fehlenden Vorgaben nutzt, um Preiserhöhungen zu verschleiern. Am häufigsten tricksen nach unseren Erhebungen die vier Konzerne Procter & Gamble, Mars, Henkel und Nestlé“, so Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Weitere Beispiele für Mogelpackungen und anschauliches Bildmaterial sind zu finden auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg unter www.vzhh.de. Die Studie des DIN-Verbraucherrats ist veröffentlicht beim Verbraucherzentrale Bundesverband auf www.vzbv.de.

Pressemitteilung Verbraucherzentrale Hamburg

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