Die Klägerin verlangt aus eigenem und abgetretenem
Recht ihres Lebensgefährten die Rückzahlung eines gezahlten Reisepreises
und Schadensersatz.
Der Lebensgefährte der Klägerin buchte im Februar
2009 für sich und die Klägerin bei der Beklagten eine einwöchige
Pauschalreise in die Türkei zum Preis von 369 € pro Person mit einem
Rückflug am 1. Juni 2009 um 16.40 Uhr. In ihren in den Vertrag
einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen behielt sich die Beklagte
die kurzfristige Änderung der Flugzeiten und Streckenführung vor, soweit
dadurch der Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigt wird, und
wurde die Abtretung von Ansprüchen gegen die Beklagte, die auf
Leistungsstörungen beruhen, ausgeschlossen. Der Rückflug wurde am Vortag
auf 5.15 Uhr des 1. Juni 2009 vorverlegt, wozu
die Reisenden um
1.25 Uhr am Hotel abgeholt werden sollten.
Die Klägerin und ihr
Lebensgefährte bemühten sich um einen anderen Rückflug, den sie an dem
vorgesehenen Rückflugtag um 14.00 Uhr antraten und selbst bezahlten. Der
Lebensgefährte der Klägerin trat ihr seine Ansprüche ab. Nach
Geltendmachung von Reisemängeln zahlte die Beklagte an die Klägerin
42,16 €.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten unter anderem
die Rückzahlung des gesamten Reisepreises abzüglich 70 € für in
Anspruch genommene Verpflegungsleistungen, die Erstattung von insgesamt
504,52 € Rücktransportkosten sowie Entschädigung wegen nutzlos
aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 480,80 € für sich selbst und
2.193,10 € für ihren Lebensgefährten.
Das Amtsgericht hat der Klägerin 25,00 € wegen
Minderung des Reisepreises zugesprochen und die Klage im Übrigen
abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das
Landgericht hat angenommen, wegen des in den AGB der Beklagten
enthaltenen, rechtlich nicht zu beanstandenden Abtretungsverbots seien
die Ansprüche ihres Lebensgefährten nicht wirksam an die Klägerin
abgetreten worden. Im Übrigen begründe die Vorverlegung des
Rückflugtermins zwar einen Reisemangel, der den Reisepreis um 25,00 €
mindere, jedoch liege darin angesichts des besonders günstigen
Reisepreises keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise, die die
Klägerin zu einer Kündigung des Vertrags oder einer Entschädigung wegen
nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit berechtigen würde.
Auch die Kosten der
anderweitigen Rückreise müsse die Beklagte nicht erstatten, denn diese
beruhten auf einem eigenen Entschluss der Klägerin und ihres
Lebensgefährten und seien damit der Beklagten nicht mehr zuzurechnen.
Der unter anderem für das Reiserecht zuständige
X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil teilweise
aufgehoben und die Sache insoweit an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das
in den AGB enthaltene Abtretungsverbot bei einem Reisevertrag wegen
einer unangemessenen Benachteiligung der Reisenden unwirksam.
Da es sich
auf Gewährleistungsansprüche beschränkt, sind die Interessen des
Reiseveranstalters nur von geringem Gewicht. Hingegen haben die
Reisenden nicht selten das Bedürfnis, solche Ansprüche an einen ihrer
Mitreisenden abzutreten, der wirtschaftlich (anteilig) die Kosten der
Reise (mit)getragen hat.
Auch bei Berücksichtigung des in den AGB enthaltenen
Vorbehalts hat das Berufungsgericht in der Vorverlegung des Flugs um
mehr als 10 Stunden zu Recht einen Reisemangel erkannt. Dieser
berechtigte die Reisenden aber grundsätzlich auch zur Selbstabhilfe und
zur Erstattung der mit dem selbst organisierten Rückflug entstandenen
Kosten, wenn sie zuvor dem Reiseveranstalter eine Abhilfefrist gesetzt
hatten oder eine solche Fristsetzung entbehrlich war. Letzteres kann
sich bereits aus den Umständen ergeben, etwa wenn der Reiseveranstalter
den Reisemangel bewusst vurursacht und ihn als unvermeidlich darstellt.
Die Vorverlegung des Rückflugs stellt im Streitfall
hingegen keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar. Dies kann zwar
nicht mit dem geringen Reisepreis begründet werden. Nach Bejahung eines
Reisemangels kommt es vielmehr darauf an, welchen Anteil der Mangel in
Relation zur gesamten Reiseleistung hatte und wie gravierend sich der
Mangel für den Reisenden ausgewirkt hat. Da die Reisenden dem
Reisemangel aber im Wesentlichen selbst abgeholfen haben, ist danach
keine erhebliche Beeinträchtigung mehr zu erkennen, die zur Kündigung
oder einer Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit
berechtigen würde
.
Für das Berufungsgericht bleibt zu prüfen, ob die
Klägerin und ihr Lebensgefährte der Beklagten eine Frist zur Abhilfe
gesetzt haben oder diese nach den Umständen entbehrlich war, sowie in
welcher Höhe Kosten für den Rückflug tatsächlich angefallen sind.
Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11
AG Düsseldorf – 232 C 6893/10 – Urteil vom 30. September 2010
LG Düsseldorf – 22 S 262/10 – Urteil vom 20. Mai 2011
Karlsruhe, den 17. April 2012
Pressemitteilung Bundesgerichtshof, Nr. 47/2012 vom 17.04.2012